Letztlich muss das Ziel sein, sich selbst im eigenen Business verzichtbar zu machen, so sagen es viele Business-Coaches. Warum ich Skalieren einerseits liebe, es andererseits aber nicht bis zum Maximum betreiben möchte, erzähle ich dir in diesem sehr persönlichen Artikel.
Inhalt:
Was bedeutet es ein Business zu skalieren?
Kurz vorweg, damit wir die gleiche Grundlage des Begriffs Business-Skalierung haben. Runtergebrochen auf das Wesentliche bedeutet Skalieren, dass du deinen Umsatz steigerst, ohne in gleichem Maße die Investitionen und Ausgaben zu erhöhen.
Ein nicht skaliertes Business ist z.B. wenn du eine Stunde für 150 € verkaufst, zwei Stunden dann für 300 € usw.
Skalieren könntest du beispielsweise,
- indem du statt Einzelstunden zu verkaufen, attraktive Angebotspakete schnürst, die etwa Beratungsstunden, begleitendes Arbeitsmaterial, Mail-Support etc. beinhalten. Hierfür machst du einen Pauschalpreis. Da du das Arbeitsmaterial nicht jedes Mal neu erstellst, sondern mehreren Kund*innen zur Verfügung stellst, erhöhst du den Umsatz also mehr als den notwendigen Aufwand
- Eine andere Möglichkeit zu skalieren sind Gruppenangebote, statt Einzel-Zusammenarbeit zu machen,
- oder Onlinekurse zu erstellen.
Du kannst von ganz klein bis ganz groß skalieren. Bindest du z.B. ein Terminbuchungstool auf deiner Website ein und automatisierst die E-Mails, die im Anschluss verschickt werden, trägt auch das peu à peu zu deinem Umsatz bei, ohne dir jedes Mal sehr viel persönlichen Aufwand zu machen. Das ist ein kleiner, aber spürbarer Schritt. Im größeren Maße skaliert beispielsweise jemand, der Selbstlernkurse, Bücher o.ä. in großen Mengen verkauft.
Skalieren ist also insgesamt eine feine Sache. Aber…
Warum der unternehmerische Weg nicht für jeden gleich aussehen muss
Zurück zum Rat vieler Business-Coaches, den ich gerade in unserer Online-Bubble immer wieder höre: Letztlich musst du soweit kommen, dass du selbst in deinem Unternehmen ersetzbar wirst. Du musst dich aus allen Bereichen rausziehen können und kannst die Dinge dann an dein Team delegieren. So heißt es ja, vielleicht hast du ähnliches auch schon mal gehört.
Das Spiel des Skalierens hat gewisse Regeln. Es scheint bestimmte Treppenstufen zu geben, die wir unternehmerisch nehmen. Alle auf dieser einen Treppe.
Versteh mich nicht falsch, denn wie gesagt: Ich finde Skalieren absolut smart, sinnvoll und unternehmerisch klug. Ich liiieeebe es mit Gruppen zu arbeiten und schätze die Vereinfachung durch bestimmte Prozesse und Automatisierungen.
Aber ich liebe auch den Zauber, der bewusst dort passiert, wo mein Unternehmen noch nicht so groß ist, dass ich das gar nicht mehr mitbekommen würde. Dieser Zauber, der mir gleichzeitig sagt, dass es gar nicht maximal groß werden muss, sondern an einer bestimmten Stufe auch ein „genau richtig“ erreicht haben darf. Dass ich am Ende die letzte Instanz bin, die die Regeln macht und entscheidet, auf welcher Treppe ich unterwegs sein möchte. Und wenn es nur für diesen Moment ist und vielleicht gar keine Entscheidung für immer.
Was ich sehr liebe und gar nicht skalieren möchte
Ich bin gerade an einem so wundervollen Punkt in meinem Business. Ich darf so faszinierende, kluge, talentierte und herzensgute Menschen unterstützen online mehr gesehen zu werden mit ihrem Business. Ich erfahre so viel Wertschätzung von ihnen.
Neulich sagte eine Kundin meines Programms Content-Juwel zu mir, dass es gerade dieser persönliche Rahmen ist, der für sie besonders ist. Dass sie auch andere Erfahrungen gemacht hat in qualitativ guten Kursen, in denen die Leitfigur der Personal Brand aber gar nicht mehr selbst in den Q&A-Calls anwesend ist und sie das als Kundin schade fand. Ich möchte keine Wertung hier hineinlegen, denn alles hat Vor- und Nachteile und gute Mitarbeiter*innen können Kund*innen sicher auch super weiterhelfen. Wichtig für mich ist aber, meine Reaktion auf solche Erzählungen zu beobachten.
Wie ist diese Reaktion?
Ich merke, dass ich es mag, wie ich es gerade mache. Ich mag diese kleinen Momente, die nicht automatisiert werden, z.B. wenn wir am Ende eines Mentoring-Calls eine ganz persönliche Poesiekarte für die Kundin ziehen. Ich mag das, die selbst vorzulesen und gemeinsam danach einen kurzen Moment zu schweigen, oder zu lachen, weil sie so gut passt. Klar, man kann auch das automatisieren, aber für mich geht dieser Funken Besonderheit des Moments dadurch verloren. So wie wir natürlich auch viele Dinge maschinell gefertigt kaufen und doch auch ab und an lieben, in einer schnuckeligen Papeterie umherzuschlendern und zu schmökern. Sich inspirieren zu lassen und den Effizienzdruck unserer schnelllebigen Welt mal bewusst auszublenden.
Fortschritt, Weiterentwicklung, Chancen der Digitalisierung und all das müssen der bewussten Langsamkeit, dem Charme des Handgemachten, der Charismatik des eigentlich Überholten, aber eben doch so Geschätzten ja nicht widersprechen, sondern sie können sich doch auch hervorragend ergänzen. In einem Maß, das wir selbst für uns und unser Business bestimmen. Wer sonst kann wissen, was sich für dich richtig anfühlt?
Und was, wenn der Gedanke an ein Team eben kein Verzücken auslöst?
Ich arbeite beispielsweise auch einfach total gerne alleine mit punktueller Unterstützung an manchen Stellen. Manche Technik-Dinge geb ich ab, manche Erstellung von Materialien. Aber ich habe zum Beispiel keine Festangestellten und ehrlich gesagt möchte ich gerade auch gar keine Verantwortung für Festangestellte. Ich möchte nicht den damit einhergehenden Umsatzdruck, der natürlich entsteht, wenn weitere Gehälter bezahlt werden müssen. Und gleichzeitig bin ich mir des Risikos bewusst, dass es schwierig werden kann, falls ich mal ausfalle.
Aber etwas rausgezoomt kann es das immer. Was, wenn plötzlich mehrere Mitarbeiter kündigen? Das wird höchstwahrscheinlich auch schwierig. Vergleichen ist also müßig.
Und der Einwand, dass ich mit einem großen Team ja umso mehr Menschen weiterhelfen könnte, ist natürlich berechtigt, trägt aber auch nur soweit, wie wir solche „Sonderposten“ wie eben diese kleinen, einzigartigen Momente ausblenden und uns auf reine Maximalskalierung fokussieren.
Sowieso:
Vielleicht dürfen wir uns mehr erlauben, nicht nur eine Treppe, die für alle gleich ist, anzusehen und die Stufen wie To Dos auf einer unternehmerischen Checkliste stoisch abzuhaken. Vielleicht gibt es verschiedene Wege. Und vielleicht dürfen wir uns heute so entscheiden und in ein paar Jahren wieder ganz andere Pläne haben.
Vielleicht liegt die Freiheit der Selbstständigkeit, des Solopreneur-Daseins oder des Unternehmertums genau darin, freie Entscheidungen zu treffen und wir haben sie manchmal nur ein bisschen aus den Augen verloren.
Auf unsere selbstbestimmten Businesses, gleichwohl was das für dich konkret bedeuten mag.
Möchtest du ein bisschen davon erzählen, wie du gerne arbeitest? Mit Team oder alleine? Bist du auf dem Weg ein großes Unternehmen aufzubauen, oder was ist deine Wunschgröße? Und hast du auch schon mal aus dem Blick verloren, dass es mehr als eine Option gibt?
Hallo liebe Sonja. Ich bin gleich am Anfang deines Artikels hängen geblieben. Sollte es mein Ziel sein, so zu skalieren, dass mein Business ohne mich läuft? Und was mache ICH dann? Vermutlich lautet die Antwort: deine Zeit und dein Leben genießen statt zu arbeiten.
Aber was, wenn ich zwischen „Leben“ und „Arbeit“ gar nicht trenne? Was, wenn ich meine Arbeit so sehr mag, dass ich sie so lange weiter machen möchte, wie mir das möglich ist, auch weit über das Rentenalter hinaus? Was, wenn ich jetzt schon arbeite UND genieße und mich dabei auch noch sinnerfüllt fühle?
Aus meinem alten Angestellten-Job bin ich nach einem Burnout ausgestiegen und habe beschlossen „nie wieder Team-Verantwortung“. Damals hatte ich ein 20köpfiges Team und sooooooo viel Verantwortung. Das möchte ich in meiner Selbstständigkeit nicht mehr. Liebe Grüße aus Portugal
Jasmin
Hallo Jasmin,
das Leben genießen können wir hoffentlich eh. 🙂 Mit großem Team verschieben sich die Aufgabengebiete natürlich, ob man sich jemals komplett rauszieht, ist eine gute Frage. Sicherlich mehr und mehr aus dem operativen Tagesgeschäft, aber dafür ist im Hintergrund dann mehr zu tun.
Spannend, was für Erfahrungen du gemacht hast und dass du keine Team-Verantwortung mehr möchtest. Warum willst du das für dich nicht mehr?
Herzliche Grüße
Sonja
Hallo liebe Sonja, bestimmt ist das auch Typsache, aber mir war es wichtig, dass sich mein Team wohlfühlt, wir an einem Strang ziehen, jeder seine Stärken einsetzen kann, wir eine gemeinsame Vision haben, Erfolge feiern etc… d.h. ein Großteil meiner Arbeitszeit (ca. 80%) war mit Führungsaufgaben gefüllt. Zu dem, was ich lieber mag, hatte ich kaum noch Zeit. Ab gesehen davon fand ich es unglaublich anstrengend 🙂 Als ich Führungsverantwortung abgegeben habe, hat sich das angefühlt, als ob ein Zentner Steine von meinen Schultern fällt…
Hallo Jasmin,
ah, das verstehe ich total gut. Es kommt wohl einfach wie immer darauf an, was zu einem passt. Gehe ich darin auf, mein Team zu managen? Möchte ich lieber selbst der Creator sein? Was macht mir Spaß, was nicht?
Auf jeden Fall schön zu hören, dass es dir nun besser geht mit dem, wie es sich entwickelt hat!
Hi Sonja,
Danke für den Text! Passt bei mir gerade prima… erst diese Woche hatte ich eine Unterhaltung mit einem lieben Kollegen, der mir Tipps geben wollte, was ich doch am schlausten wie machen sollte, welche Abkürzungen es gibt, usw. Manches davon fand ich hilfreich, aber ich fühlte mich auch etwas komisch, da er mir Tipps geben wollte, die gar nicht dazu passten, was MIR wichtig ist. Aber er schien ganz grundsätzlich anzunehmen, dass mir bestimmte Dinge wichtig sind und andere nicht. Und er machte den Eindruck, dass er sich großzügig fühlt, mir von seinem wertvollen Know-How abzugeben… dabei war vieles davon einfach nicht passend. Mir kam es auch so vor, als ginge es bei ihm darum, wie mache ich das meiste Geld, EGAL was mir sonst noch wichtig ist. Dass meine TÄTIGKEIT ein sehr wichtiger Part in all dem ist, war ihm glaube ich nicht bewusst… als wäre immer das Ziel, noch mehr Geld zu haben und noch weniger Arbeit, um… was zu tun? Ich glaube, ich konnte ihm deutlich machen, wie ich es sehe… aber mir ist wirklich sehr bewusst geworden, dass man da total aufpassen muss, mit Tipps und „So macht man das“-Aussagen, da sie auf völlig unterschiedlichen Werten und Weltbildern basieren können. Dein Text passte also gerade wirklich super…
Hallo Nina,
danke für deinen Kommentar und deine Erfahrungswerte! Ich finde es auch so enorm wichtig, dass die Strategien zu uns passen, weil die allermeisten eben Kontinuität brauchen. Und das Dranbleiben fällt eben viel viel leichter, wenn der Weg zu uns passt und uns nicht enorm viel Überwindung kostet, oder wir uns nicht mehr wie wir selbst fühlen.
Und ja, im Businesskontext spielt natürlich der Umsatz meist eine große Rolle. Die Frage, WIE wir diesen machen, ob wir Freude daran haben haben, wie wir arbeiten, ob wir mit den richtigen Menschen arbeiten usw. finde ich aber auch sehr wichtig zu berücksichtigen.
Ich freu mich, dass mein Text für dich gerade so passend kommt. 🙂