„Du musst es nur manifestieren und dich für die Fülle öffnen“. So oder so ähnlich lauten Messages aus dem Mund der Flow-Marketer, oder oftmals eher Flow-Marketerinnen. Warum ich diese Herangehensweise nicht minder nervig als Drückergespräche und künstliche Verknappung der Bro-Marketer finde, sie aber darüber hinaus für gefährlich halte, erzähl ich dir hier.
Disclaimer: Dieser Artikel ist ein Meinungsartikel. Du kannst alles anders sehen und auch das ist fein. Aber ich möchte diese Meinung platzieren, damit es Vielfalt in diesem Thema gibt. Und vielleicht ein Aufatmen bei dem einen oder der anderen. Ok let’s go!
Inhalt:
Die Abkehr vom aufdringlichen Bro-Marketing
Was genau ist denn dieses Bro-Marketing? Vielleicht hast du schon mal eine oder mehrere der folgenden Erfahrungen gemacht:
- Direkt nach deinem ersten leisen Interesse wurdest du mit 20 Mails bombardiert
- Im Verkaufsgespräch wurdest du „nicht von der Angel gelassen!“, sondern dazu gedrängt, dich JETZT zu entscheiden
- Künstliche Verknappung ohne sinnvollen Hintergrund schlugen dir entgegen
- Sprachnachrichten-Lawinen mit dem einen Ziel – dich ins Gespräch kriegen – gingen auf dich nieder
- Pushende Motivation, oder sagen wir Zum-Kauf-Gedränge à la „Sieger entscheiden sich JETZT für den Erfolg!!!“ wurden in den Raum geplärrt
So und ähnlich läuft Bro-Marketing. Meist eine mit sehr viel Druck, Drängen und zur Entscheidung schubsen verbundene Marketingtaktik.
Klappt oftmals, aber nervt eben auch sehr. Viele Menschen wenden sich inzwischen ab, wenn sie nicht einmal die Luft zum Atmen haben und sich einen Moment Bedenkzeit erbitten wollen, ihn aber nicht bekommen.
Nun hat sich aber eine neue Variante herausgebildet, die zwar krass entgegengesetzt, aber aus meiner Sicht nicht minder unangenehm ist. (Ich finde eh, dass es selten hilft, von einem Extrem ins andere zu schlittern) Ich nenne sie, das Flow-Marketing.
Warum läuft das Business nicht, obwohl ich es so sehr will?
Möglicherweise lief schon mal etwas im Business nicht so, wie du es dir gewünscht hast. Vielleicht kamen nicht genug Buchungen oder du hattest einfach gerade ein Tief, weil so unendlich viel zu tun ist. Und vielleicht hast du dir dann auch schon mal aus Zeitvertreib dein Smartphone geschnappt und dich von Instagram berieseln lassen. Ich wette, es hat nicht lange gedauert, bis dir eine der folgenden Messages entgegensprang:
- Du musst dich für die Fülle öffnen, dann kommt der Reichtum zu dir.
- Du musst es wollen. Und immer fest manifestieren.
- Du brauchst keine Strategie, wenn du im Flow bist.
- Folge ganz dem weiblichen Weg und empfange den Erfolg.
Und dann? Hast du vielleicht gejournalt, es ganz fest gewollt und dich für den Erfolg geöffnet und trotzdem kam dieses Ergebnis einfach nicht. Oder halt nur so „okay“, statt „galaktogigantisch“. Ja, und was soll das nun bitteschön, Universum?!
Ich bin sicher: Du bist nicht die einzige, bei der trotz gutem Willen und Arbeit am Mindset eben nicht gleich die Post abging. Diejenige, bei der halt nicht gleich beim ersten Versuch, sondern erst beim zehnten mehr Verkäufe kamen, als gerade so ausreichend. Wenn überhaupt. Und auch, wenn das nun möglicherweise mein eigenes nicht zu 100 % kalibriertes Money Mindset widerspiegeln könnte (Flow Marketer sind wahrscheinlich sicher, das ist der Grund! ;-)), bin ich der Überzeugung: Es braucht beides:
- Wollen & Tun
- Vertrauen & Kompetenz
- Flow & Strategie
Klar kenne ich nicht die universelle Wahrheit für alle, sondern kann dir nur meine Meinung mitteilen. Aber meine ganze Erfahrung und die aller Menschen, die ich aus dem echten Leben kenne, ist die: Erfolg kommt durchs Tun und nicht, weil ich so viel Liebe in mir trage. Erfolg er-folgt auf etwas, das ich initiiere und nicht auf etwas, das ich nur ersehne. Und auch wenn wir Bewusstsein in einem menschlichen Körper sind, sind wir eben das: Menschen. Menschen können und dürfen handeln und mit ihren Händen etwas umsetzen. Mani-festieren…. Da steckt die Hand (lat. „manus“) ja schon im Begriff drin.
Also ist Mindset-Arbeit Unsinn?
Nein! Mindset, oder die Arbeit an eigenen Blockaden, hinderlichen Glaubenssätzen, Konditionierungen usw. ist sicher sinnvoll und extrem wichtig. Wenn du schon eine Weile selbstständig bist, wirst du vermutlich bereits gemerkt haben, dass ein eigenes Business auch eine krasse Persönlichkeitsentwicklung ist. Und es ist großartig, dass es da kompetente Coaches und Mentor*innen gibt, die bei genau diesen Dingen helfen. Mir geht es explizit nicht darum, Mindset-Arbeit, spirituelle Arbeit etc. zu verunglimpfen. Im Gegenteil: Ich schätze sie enorm!
Aber was hilft dir das ganze Wollen, wenn du nichts in die Welt bringst (also wortwörtlich erschaffst), das jemand von dir kaufen kann? Du bist dann möglicherweise ein Magnet der Lebensfreude und Liebenswürdigkeit, aber kein Mensch weiß, was er nun bei dir tut, nachdem du ihn angezogen hast. Grundlegendes Marketing, also ein Angebot haben, einen klaren Nutzen kommunizieren und all das, sind elementar. Sonst nützt die beste Bestellung beim Universum nichts.
Übrigens haben die meisten meiner Kund*innen, die spirituell arbeiten, Angst genau diesen Stempel aufgedrückt zu bekommen. Dass sie mit dem Zauberstab wedeln und uralte Themen einfach wegwischen. Ihnen ist sogar wichtig, dass ihre Klient*innen und Kund*innen transparent erfahren, dass spirituelle Arbeit aktives Zutun braucht. Dass innere Arbeit auch Arbeit ist und nicht unbedingt mit Einhorn-Staub gezuckert.
Auf dem Meditationskissen sitzen und den Menschen das Blaue vom Himmel versprechen, ist keine Spiritualität, sondern Manipulation. Spiritualität hat es nicht nötig etwas zu faken und Menschen zu manipulieren. Alles, andere als das. Aber sie ist auch nicht „schnips“ und dir fliegt die Millionen zu.
Ab wann Flow-Marketing gefährlich wird
Daumen hoch für Vielfalt im Business. Ich lieb’s sehr, wenn mehr Weiblichkeit im Business-Kontext vermittelt wird und Alternativen aufgezeigt werden. Und klar, das kann auch die Lady mit den Füßen im Sand sein, die ich nur von Instagram kenne. Aber gefährlich wird es ab da, wo es manipulativ wird. Wo die Leichtigkeit als eiiinzige Grundlage für jeglichen Erfolg verkauft wird. Wo sich über Leute lustig gemacht wird, die noch „so blöd sind und für ihren Erfolg arbeiten“. Ich zumindest bin sicher, dass auch bei diesen Menschen eine zweite Seite des Erfolgs vorhanden ist. Sie haben ja auch nicht die Scheine vom Himmel gepflückt, sondern z.B. ihr bahnbrechendes Transformationsprogramm für mehr Flow kreiert, (ergo: ein Produkt entwickelt) und verkauft (also: Marketing dafür betrieben, möglicherweise gab es sogar eine Sales Page, man stelle sich vor) Und es dann so verkaufen, als wäre ihnen die Million zugeflogen, während sie nichtsahnend in den sternenklaren Nachthimmel blickten, ist für mich einfach nur verlogen. Es steckt immer Arbeit dahinter, die aber schlichtweg nicht erwähnt wird.
Und dann? Irgendwo auf der anderen Seite des Bildschirms sitzt dann möglicherweise jemand, der die Story glaubt. Und dann verdammt hart an sich selbst zweifelt, weil er das eben nicht so easy schafft. Weil er schon 10 (20…) Blogartikel geschrieben hat, aber immer noch nicht in Monaco oder auf Bali sitzt. Obwohl der Wille doch auch da war. Wirklich! Selbstzweifel, Minderwertigkeits-Gefühle, Frustration, Trauer, alles Mögliche kann dann hochkommen. Und klar, die Botschaft entsteht beim Empfänger, aber das spricht uns nicht davon frei, ein bisschen achtsam zu sein, was wir da aussenden. Vor allem, wenn wir wissen, dass es nur ein Teil der Wahrheit ist.
Wenn du also merkst, dass dich Menschen mit solchen Messages emotional runterziehen , erlaube dir mal den Gedanken, dass es nicht an dir liegen muss, sondern einfach an der einseitigen Kommunikation aus deren Welt.
Also ist das Herzensbusiness Lug & Trug?
Wenn du unter einem Herzensbusiness verstehst, dass du tust, was du liebst und deine Arbeit gar nicht als Arbeit empfindest, weil sie dir so viel Freude macht, dann ist es doch toll. Trotzdem wird es – vermute ich mal – auch Bereiche geben, die dich vielleicht nur zu 95 % mit Freude erfüllen. Oder gar noch weniger! OMG! Buchhaltung, E-Mails bearbeiten oder so. Und vielleicht hast du sogar mal einen Tag, an dem du gar keine Lust auf dein Business hast, obwohl du es so liebst. Nein, dann bist du nicht „im Mangeldenken gefangen“, sondern einfach ein normaler Mensch. Können wir bitte normalisieren, dass uns nicht 24/7 die Sonne aus dem Hintern scheinen muss?!
Ich glaube, viele trauen sich das heute nicht mehr zu sagen. Weil sie dann als nicht zu 100 % im Flow und in absoluter Erfüllung mit ihrem Business erscheinen könnten. Wo das doch so wichtig ist. Weiß man ja. Sagte ja neulich diese eine, super Erfolgreiche drüben in ihrer Story…
Warum erlauben wir uns nicht beide Seiten? Sondern befürchten „noch nicht gut genug zu sein“, weil wir tatsächlich auch noch „klassisch arbeiten“ und nicht nur auf Visionsreisen unterwegs sind? Also falls es dich tröstet, das auch mal zu hören: Ich schätze und mache beides. Ich manifestiere Dinge, aber ich arbeite auch To-do-Listen ab, um sie umzusetzen. Ich buche Strategie-Beratungen wie auch Mindset- und Energiearbeits-Angebote. Weil meine Überzeugung ist, dass es Vertrauen und Wissen, Liebe und Umsetzung braucht, um weiterzukommen. Meine, das kannst du natürlich anders sehen. Oder ähnlich.
Lass es mich gerne wissen:
Was ist deine Überzeugung?
Liebe Sonja,
da bin ich voll bei dir!
Und ich sehe auch einen Trend in die andere Richtung immer mehr durchschimmern.
Das stimmt mich hoffnungsvoll. Und die andere Richtung meint nicht, jetzt ins Gegenteil zu fallen (was wir Menschen ja gern mal tun), sondern eine ehrliche und stimmige Balance für jede/n Einelne/n.
Du machst das in einer ansprechenden Weise vor!
Herzlichst
Christine
Danke dir, Christine!
Ja, ich finde auch, dass es am Ende um eine gesunde und realistische Balance geht. 🙂
Viele liebe Grüße
Sonja
Exakt so! 🙌🏻 Ich finde auch, dass das gerade sehr explodiert – hab gerade heute morgen schon wieder gelesen, dass es zum eigenen Business nichts braucht als den Willen, ein Handy und ein Angebot. Hmm. Kann ja sein, dass man in den ersten beiden Monaten so mal starten kann, aber wieviele konkrete Buchungen kommen so wohl rein? Und wie oft spreche ich dann mit Kund:innen, zu denen das Angebot gar nicht passt und erzähle immer das Gleiche?
Was grad noch ein wenig aus dem Ruder läuft ist das Money Mindset hier und da finde ich. Ich hab die letzte Woche u.a. ein 45 minütiges Impulscoaching Angebot für 350 € netto (ja, dafür ist nicht mal ne ganze Stunde drin….) und ein 12 Wochen Gruppen(!)programm für 6500 € gesehen. Und es tut mir leid, aber irgendwann ist doch auch mal Schluss. Wir sollten mit unserem Business natürlich auch gut verdienen und entspannt leben können, aber da fällt mir einfach nichts anderes zu ein als „Gier“. Und davon gibt es schon genug auf der Welt.
Danke dir, Raphaela!
Preise sind wieder so ein Thema für sich, finde ich. Und wenn es dieser Marke entspricht, 350 € für eine Dreiviertelstunde zu berechnen, finde ich persönlich das okay und hab solche Preise auch schon bezahlt.
Diese Versprechen von wegen „Du brauchst gaaaar nichts“, sind so typisch Flow-Marketing. Klar, man kann so starten, da spricht ja auch nichts dagegen. Aber wenn behauptet wird, dass man dauerhaft mit quasi leeren Händen und ohne auch selbst zu investieren in Tools oder auch Knowhow, weiterkommt, ist es halt schon fahrlässig. Und dann wundern sich die Menschen, warum es bei ihnen nicht klappt und zweifeln an sich.
Alles Gute für dich!
Viele Grüße
Sonja
Liebe Sonja,
ein wahnsinnig toller Artikel. Vielen Dank dafür.
Ich habe die letzten Jahre immer wieder lernen dürfen, dass Extreme egal in welche Richtung nicht gut und wegweisend sind. Für mich liegt bei vielen Dingen die Wahrheit in der Balance in der Mitte. Ein schlechtes Mindset und Mangeldenken führt sicher nicht zu einem guten Ergebnis im Business, auch wenn ich noch so hart arbeite. Umgekehrt führt ein gutes Mindset und ein Fülledenken nicht ohne arbeiten zu eine gutem Ergebnis.
Deswegen finde ich es wichtig, dass es Stimmen wie Deine gibt, die genau das auch einmal ansprechen und nicht nur die rosarote Glitzerbrille verbreiten. Ich sehe bei der rosaroten Glitzerbrille nämlich ganz stark die Gefahr, dass sehr viele Menschen damit unglücklich werden und die Schuld bei sich suchen.
Herzliche Grüße
Stefanie
Hallo Stefanie,
vielen Dank für deinen Kommentar und das Teilen deiner Sichtweise! Ich stimme dir total zu und habe ähnliche Erfahrungen gemacht: Die Balance ist oftmals der sinnvollste Weg. 🙂
Und diese Gefahr, die du ansprichst, sehe ich auch – gerade bei Business-Starter*innen. Natürlich sind wir alle auch eigenverantwortlich, aber wenn einem mehr und mehr „Glitzerbrillen-Versprechen“ begegnen, fällt es sicher manchen schwer, sich dem zu entziehen. Dann glaubt man es eben doch und fällt umso tiefer. Das muss einfach nicht sein, wenn Marketing wieder aufrichtiger betrieben wird und wir sagen, was möglich, was dafür aber eben auch nötig ist.
Alles Liebe für dich!
Viele Grüße
Sonja