Wir alle lieben positives Feedback und wenn dann ein negatives kommt, kann das schon mal wehtun. Ja, auch wenn es Business ist und man es sich nicht zu Herzen nehmen soll. Warum das gerade sensiblen Selbstständigen nicht so leicht fällt und wie du als solche*r trotzdem einen gesunden Umgang mit Kritik bekommst, steht hier.
Inhalt:
Warum „Nimm’s dir nicht zu Herzen“ so schwer ist
Eine Rückmeldung, die nicht so ausfällt, wie man sie sich erhofft hat, ist erst einmal für nahezu jeden unangenehm. Zumindest kenne ich niemanden, der bei negativer Kritik sofort überglücklich ruft: „Yeaaahh, eine Lernaufgabe, dankeschöööön!“ Auch, wenn wir alle nach ein wenig Reflektionszeit wissen, dass hinter jedem Hinweis ja eine Chance liegt. Eh klar. 😉
Gerade sensible Menschen haben trotzdem oftmals ziemlich daran zu knabbern, wenn die eigene Arbeit negatives Feedback nach sich zieht. Denn sie hinterfragen das, was sie tun, meist sehr intensiv, bereiten sich äußerst gewissenhaft vor und kommunizieren nur, was sie selbst auf Herz und Nieren geprüft haben. Wenn eher zurückhaltende oder sensible Unternehmer*innen mit einem Angebot rausgehen, ist es ziemlich wahrscheinlich, dass dieses Angebot bereits durch tausend Gedankenspiralen und innere Qualitätschecks gegangen ist. Denn der Wunsch Dinge besonders gut zu machen, anderen wirklich weiterzuhelfen und keinen Schnellschuss aus der Hüfte zu produzieren, ist groß. Weil sensible Menschen sehr feine Antennen haben, bringen viele von ihnen den besonderen Blick fürs Detail und eine riesige Portion Empathie mit. Ihnen ist einfach wichtig, dass sie anderen helfen und ja, auch, was andere über ihre Arbeit denken. Gängige Tipps wie „Nimm dir Kritik nicht so zu Herzen“ helfen also nur bedingt weiter, wenn das eigene Herz eben sehr an dem hängt, was man in die Welt rausgibt. Und kommt dann der eine oder andere nicht ganz so euphorische Kommentar zurück, kann das wehtun. Ist einfach so.
Feedback nicht als Kritik wahrnehmen
Ja, es ist Business. Und ja, das mindert nicht deinen Wert als Person. Alles schon gehört, aber eben nicht gefühlt. Wenn Kritik im ersten Moment schmerzt, dann ist das erst einmal Fakt und das ist auch okay. Es ist nicht so einfach, sich ein dickes Fell vorzustellen und schon hat man es. Und ich halte es auch nicht für erstrebenswert, wenn wir alle mit zentimeterdickem Fell rumlaufen und alles an uns abprallen lassen. Trotzdem dürfen wir lernen, die positiven Seiten von Feedback zu schätzen. Zum Beispiel zeigt Feedback:
- wo wir noch etwas verbessern können
- was noch nicht klar genug verstanden wird
- was unsere Kund*innen ergänzend noch von uns brauchen
Ziel ist es also, Feedback nicht als Kritik an uns selbst zu empfinden, sondern schlichtweg als das, was es ist: eine Rückmeldung. Und immer auch eine Meinung. Eine, die dich weiterbringen kann. Aber nicht immer muss. In jedem Fall nichts, vor dem du dich fürchten müsstest.
Erste-Hilfe für einen gesunden Umgang mit Feedback
Es gibt einige Dinge, die ich mir angeeignet habe, um den wertvollen Kern von Feedback nutzen zu können, ohne mich jedes Mal verletzt ins Schneckenhäuschen zurückziehen zu wollen. Ich möchte sie gerne mit dir teilen, denn vielleicht helfen sie auch dir in deinem Alltag:
1. Bedenkzeit gönnen
Negatives Feedback, das einen persönlich trifft, kann sich schon einmal wie ein Pfeil anfühlen, der direkt auf einen geschossen wird. Was ist also die erste logische Reaktion? Abwehr! Oder Gegenwehr. Konkret: Sobald eine Kritik kommt, muss gefühlt sofort etwas entgegnet werden, damit der Pfeil nicht trifft und nicht allzu sehr schmerzt.
Genau das führt aber oft zu emotionalen Reaktionen. Auf eine objektiv betrachtet gar nicht so schlimme Kritik wird dann leicht mit wortreichen E-Mails geantwortet, die man eine Stunde später schon wieder bereut, weil sie doch ein bisschen zu dramatisch waren. Emotionale Reaktionen bewirken natürlich auch bei unserem Gegenüber Reaktionen, denn keiner von uns ist frei von Themen, die angetriggert werden können. Und schwups, ist die Objektivität auf beiden Seiten dahin, weil jeder den jeweils anderen missversteht.
Deshalb ist meine erste Sofortmaßnahme für einen gesunden Umgang mit Kritik für sensible Selbstständige: Bedenkzeit. Wenn Kritik kommt, mache erst einmal nichts, sondern mach die E-Mail wieder zu und guck später rein. Oder entgegne im persönlichen Gespräch mit einem knappen „Danke für die Rückmeldung, darüber werde ich nachdenken.“ Du wirst sehen, dass sich die Wogen schon bald glätten und du dann mit klarem Kopf deutlich besser reagieren kannst.
2. Gedankenwechsel
Wenn ich emotional reagiere, hilft es mir übrigens nicht, eine andere Arbeit anzufangen. Es muss schon ein etwas stärkerer Gedankenwechsel her. Gut funktioniert für mich:
- Situation verlassen: Nach der Mail oder dem Telefonat was ganz anderes tun, am besten den Raum verlassen und eine Runde an der frischen Luft drehen.
- Musik aufdrehen: Auch Musikhören und/oder Tanzen funktioniert gut, denn es pustet neue Gedanken ins Hirn.
3. Kernaussage herausfiltern
Wenn die ersten Emotion ein bisschen ruhiger und der objektive Verstand wieder am Zug ist, filtere ich die Kernaussage des Feedbacks heraus. Was genau wird eigentlich übermittelt? Was ist die Kernaussage, ohne mögliche eigene Interpretationen, wie nun dieses oder jenes Wort gemeint sein soll, mit einzubringen? Ich kategorisiere nun ein in:
- inhaltliches Feedback
- persönliches Feedback
- Feedback ohne Inhalt
Letzteres ist dann eine recht einfache Sache. Wenn ein Feedback keinerlei Aussage hat außer „Finde ich doof“, kannst du nicht viel machen. Klar, nachhören, was derjenige genau meint, ist denkbar, das spare ich mir in diesem Fall aber meist. Wenn keine erkennbare Kernaussage im Feedback steckt, beschäftige ich mich nicht weiter damit.
Bei den beiden ersten Kategorien geht es aber weiter. Und zwar mit Maßnahme Nr. 4
4. Einzelfall oder Grundproblematik?
Je mehr du nach außen gibst, umso mehr Feedback wirst du bekommen. Bei meinem ersten Onlinekurs bekam ich zu meiner Videopräsentation zu ein und demselben Video folgendes Feedback:
- “ Genial aufbereitet, für mich absolut perfekt!“
- “ Tolle Präsentation, für mich etwas zu lang.“
- “ Tolle Präsentation, für mich etwas zu kurz.“
- “ Deine Stimme ist sehr angenehm ich könnte dir stundenlang zuhören.“
- “ Du sprichst mir zu langsam.“
- “ Du sprichst mir zu schnell.“
- “ Du sprichst für mich in einem perfekten Tempo.“
- “ Die Tonqualität ist mega!“
- “ Der Ton ist zu blechern.“
- “ Das Bild ist klasse!“
- “ Das Bild ist zu schlecht.“
- “ Ich liebe, dass du so viele Beispiele bringst.“
- “ Ich bräuchte mehr Beispiele.“
Tja, und nun? Gerade wenn du so unterschiedliches Feedback zum identischen Inhalt bekommst, rate ich dir dazu auf die Zahlen zu gucken. Wie viele Menschen in Prozent sind zufrieden? Wie viele beklagen beispielsweise die Tonqualität? Sind es viele, hast du einen wertvollen Hinweis bekommen, dort nachzubessern. Sind es nur einzelne Stimmen, hake ich es unter „Okay, wahrgenommen, aber es scheint insgesamt zu passen“ ab. Bei einzelnen Menschen mit Tonproblemen ist ja auch nicht ausgeschlossen, dass deren Lautsprecher nicht das tun, was sie sollen und es gar nicht an dir liegt.
5. Persönliche Vorliebe oder echter Optimierungsbedarf?
Sowieso ist es mit einzelnen Stimmen so eine Sache. Denn egal, was du tust, es wird niemals für alle Menschen passen. Das liegt einfach in der Natur der Sache, weil Menschen unterschiedlich sind und unterschiedliche Aufbereitungen bevorzugen. Wenn dir also jemand zurückmeldet, dass die Art, wie du Inhalte vermittelst oder deine Unterlagen aufbereitest, nicht zu ihm passt, ist das okay. Wenn die Art zu dir passt und du damit Erfolge für deine Kund*innen erzielst, passt ihr beide vielleicht einfach nicht zusammen. No bad feelings, das kommt vor. Wenn du allerdings immer wieder Feedback bekommst, dass Herangehensweise x nicht richtig funktioniert, hast du einen neuen wertvollen Hinweis bekommen, diese Herangehensweise zu optimieren. Auch das ist okay, denn niemand von uns ist bei seiner ersten Präsentation, bei seinem ersten Kurs etc. perfekt. Wir alle entwickeln uns weiter und optimieren unsere Angebote mithilfe des Feedbacks, das wir bekommen.
6. Deinen Anteil am „Misserfolg“ prüfen
Manchmal bekommst du vielleicht eine Rückmeldung, dass deine Methode einfach nicht funktioniert. Das tut weh, verstehe ich sehr gut. Aber in diesem Fall hinterfrage ich inzwischen genau, warum sie im jeweiligen Fall nicht funktioniert. Denn zum Erfolg gehören immer zwei Seiten: deine und die deines Gegenübers. Wenn du also beispielsweise Coach bist und deiner Kundin Tipps und Tools mit an die Hand gibst, sie diese aber einfach nicht umsetzt, ist nicht deine Methode schuld, sondern die mangelnde Umsetzung.
Wenn du einen Prozess in einer bestimmten Reihenfolge vorschlägst, dabei aber von deinem Kunden Schritte ausgelassen werden, um Zeit zu sparen, auch nicht. Stell dir deshalb immer auch die Fragen:
- Habe ich meinen Teil dazu beigetragen, dass dieses Projekt erfolgreich wird?
- Habe ich mein Bestes gegeben?
- Hat mein Gegenüber seinen Teil der Zusammenarbeit erbracht?
7. Good-News-Box anlegen
Interessanterweise ist es ja meist so: Hundert grandiose Feedbacks kommen rein und ein schlechtes. Und woran hängen die Gedanken bei uns eher sensiblen und empathischen Unternehmer*innen dann stundenlang? An dem einen schlechten natürlich. Auch wenn wir wissen, dass wir nicht für jeden die ideale Lösung anbieten können und auch, wenn wir überprüft haben, ob wir unseren Anteil zum Erfolg erbracht haben, nagt die Kritik dann doch ein wenig. Eigentlich schade, denn dem ganzen positiven Feedback dürfen wir ruhigen Gewissens mehr Raum geben und unsere Energie auf das lenken, was schon alles richtig richtig gut läuft. Ich habe mir deshalb eine Good-News-Inbox in meinem Posteingang eingerichtet und sammle auch offline liebe Postkarten oder wertschätzendes Feedback, das mich von meinen Kund*innen erreicht. Vielleicht ist das auch etwas, das dir hilft, ab und zu den Fokus auf das zu richten, was alles großartig ist und das kritische Feedback in die richtige Relation zu setzen. Denn in den allerallermeisten Fällen überwiegt das positive sehr sehr deutlich. Und wenn nicht, hast du etwas, woran du arbeiten kannst.
Selbst Wertschätzung kommunizieren
Seit ich selbst mit meinem Business online sichtbar bin und mit Feedback in ganz unterschiedlichen Facetten konfrontiert werde, versuche ich selbst deutlich öfter zu kommunizieren, wenn ich zufrieden bin. Denn es ist meiner Meinung nach wichtig, dass wir bei uns anfangen und gute Leistungen, tolle Produkte oder einen angenehmen Service nicht als selbstverständlich voraussetzen, sondern wertschätzen. Und dass wir auch darüber sprechen und das dem Dienstleister oder der Anbieterin auch sagen. Denn Feedback dient nicht nur dem Hinweis, dass hier noch was nachgebessert werden kann, sondern tut auch als Bestätigung, dass schon ziemlich viel richtig gut ist, wie es ist, einfach gut.
Ich möchte dich dazu einladen, ab und an nicht nur zu konsumieren, sondern auch etwas zurückzugeben. Konstruktives Feedback oder auch ein wertschätzendes Lob. Beides ist gut und wichtig.
Wie oft liest du beispielsweise Beiträge wie diesen, ohne wenigstens einen Satz als Kommentar zu hinterlassen? 😉 Wenn du magst, ändere es doch genau heute und schreib mir einen – ich freu mich!
Ein klares wertschätzendes Lob von mir, liebe Sonja!
Dein Artikel ist wie für mich geschrieben.
Ich sammle seit ein paar Jahren schöne Rückmeldungen von Kolleginnen und Kundinnen. Wenn ich gerade an eine vereinzelte Kritik knabbere, muntern sie mich wieder auf …
Ich nehme mir fest vor, deine anderen Ratschläge ab jetzt auch zu beherzigen. : )
Schöne Grüße
Marta
Hallo Marta,
schön, dass du da bist. 🙂 Danke für deinen Kommentar und wie schön, dass du die positiven Rückmeldungen ebenfalls sammelst und beizeiten durchliest. Auf dass es immer mehr werden. 🙂
Alles Liebe
Sonja
Danke und gern geschehen, liebe Sonja!
Liebe Sonja,
ein guter Beitrag – denn ja, die iene Kritik übertrifft in ihrer Wirkung oft das viele Lob. Deshalb der Ordner „Lob und Hudel“, in den ich gucke, wenn ich mich mal so ganz klein udn minderwertig fühle. Da hab ich übrigens nicht nur Lob zu beruflichen Fragen, sondern auch ein paar andere drin – ich bin ja nicht nur Business. Und gerade wenn berufliche negative Kritik sehr schmerz, ruf ichmir das ins Gedächtnis. Ich bin als Recherchefachfrau oder Seminarleiterin unterwegs – ja, aber ich bin mehr als das. Das hilft mir sehr. Vielleicht auch ein Tipp?
Liebe Grüße
Heike
Liebe Heike,
danke für deinen Kommentar und die Anregung. Ich finde das super und werde meine Box auch mal um ein paar persönliche Feedbacks erweitern, die nicht direkt mit dem Business zu tun haben. Denn ja, wir sind natürlich nicht nur unser Business. 🙂
Viele liebe Grüße
Sonja