Viele meiner Kundinnen sind nebenberuflich selbstständig. Das ist eine tolle Sache, erlaubt die nebenberufliche Selbstständigkeit es doch, langsam ins Thema „eigenes Business“ mit allem, was so dazugehört, reinzuwachsen. Doch leider geht das Nebenbei-Business mit einem Haken einher: Sein Potenzial – und damit meine ich nicht einmal nur das finanzielle – wird oft akut unterschätzt, ja aktiv kleingehalten. Wie viel Marketing auch einem kleinen Business sehr gut tut und warum das Thema Sichtbarkeit nicht „den Großen“ vorbehalten ist, liest du hier.
Inhalt:
Nebenberufliche Selbstständigkeit ist überwiegend weiblich
Frauen gründen in Deutschland insgesamt etwas seltener als Männer, aber wenn sie es tun, dann enorm oft im Nebenerwerb. Laut Zahlen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung lag der Anteil der nebenberuflichen Gründungen von Frauen im Jahr 2022 bei 68,9 %. Viele Gründende eines Side-Businesses planen dieses beim Start nicht langfristig zum Vollerwerb auszubauen – nur etwa ein Fünftel hat dies direkt zu Beginn vor.
Ich finde diese Zahlen absolut nachvollziehbar und kann mich darin auch persönlich wiederfinden. Zu Beginn meiner Selbstständigkeit war diese auch bei mir eine nebenberufliche, mit der ich zunächst keine Pläne verfolgte, sie mal zu meinem Haupterwerb zu machen. Vielmehr ging es mir darum,
- mich zu verwirklichen,
- nebenbei etwas dazuzuverdienen
- mit dem, was mir gut liegt und Freude macht.
Das nebenberufliche Business lief erst einmal mit, neben meiner Anstellung und der Familie mit damals zwei kleinen Kindern. Ich gründete nach einem Unfall in den letzten Wochen meiner zweiten Elternzeit, der mich dazu brachte sehr viel Zeit auf der Couch zu verbringen, recht spontan und wollte mal gucken, wie das so wird. Einen Businessplan schrieb ich erst rund 1,5 Jahre später im Rahmen einer Gründerberatung, als ich dann vom Nebenbei-Business zur hauptberuflichen Selbstständigkeit wechselte.
Meine Situation ist natürlich nur eine von vielen denkbaren, aber verdeutlicht, dass wir Menschen auf ganz unterschiedlichen Wegen zu unserem nebenberuflichen Business kommen. Und das ist okay.
Diese Vorteile hat es, erst einmal nebenberuflich zu gründen
Warum kann es Sinn machen, erst einmal nebenberuflich zu starten? Aus meiner Sicht gibt es hierfür viele Gründe. Dabei verfolgt nicht jedes Business zu Beginn große monetäre Ziele. Natürlich bleibt es ein Business, schließlich hast du die Entscheidung getroffen, es als solches anzumelden und kein reines Hobby zu betreiben. Aber für viele startet es zunächst als geplanter Zuverdienst und noch nicht als Haupteinkommen. Der wichtigste Fokus kann ein anderer als ein finanzieller sein (und auch bleiben), z.B. eben Selbstverwirklichung, einen Beitrag leisten, mehr Sinnhaftes tun etc. Und dabei – natürlich auch – Geld zu verdienen. Das nur am Rande, falls du dich jemals falsch gefühlt hast, als dir ein Business Coach „reich über Nacht, wenn du mit meiner Vorlage jetzt ALL IN gehst“ versprach und du das eigentlich gar nicht vorhattest.
Mehr Raum für Entwicklung, weniger Druck
Auch wenn eben erwähnter, fast schon berühmt-berüchtigter Grundsatz „Du musst ALL IN gehen!“ verbreitet wird, sehe ich das anders. Es hängt sehr von deiner Lebenssituation und deinem Naturell ab, ob du der Typ für „all in“ bist, oder eben eher Fan der kleinen Schritte nach vorn. Nebenberuflich zu starten, hat den großen Vorteil, dass das junge Business mehr Zeit und Raum hat, sich zu entwickeln, ohne dass der finanzielle Druck gleich übermächtig wird. Ich empfand das damals insgesamt als sehr angenehm. Natürlich bleibt durch die Nebenberuflichkeit auch weniger Zeit, das eigene Business voranzutreiben, aber eben auch weniger Druck von Tag 1 an, dass sich alles sofort rechnen muss. Das macht auch im Kopf freier und ermöglichte mir z.B., Entscheidungen zu treffen, die zu mir und meinen Bedürfnissen passen und nicht panisch alles anzunehmen, was sich irgendwie anbot.
Potenzial, das uns überraschen darf
Nebenberuflich zu starten erlaubt auch, dass sich das Potenzial einer Selbstständigkeit nach und nach zeigen kann. Weil es bei mir recht schnell gut und dann immer besser lief, kam mir nach einer Weile doch der Gedanke: „Was, wenn ich nur noch das machen würde?“ Das war am Anfang gar nicht mein Ziel, aber genau darin liegt für mich sehr viel Gutes: Wir haben die Möglichkeit uns auszuprobieren und unser Business zu etablieren. Wir haben Zeit, unser klein gestartetes Business Schritt für Schritt besser aufzustellen, was sich übrigens immer lohnt, egal ob daraus mal ein großes Unternehmen, das Haupteinkommen von dir werden soll, oder es ein Side-Business bleiben soll.
Nur genau hier gibt es einen ganz fetten Haken.
Auch wenn ein Business klein ist, hat es einen Wert
Ich kann schon gar nicht mehr zählen, wie oft ich den Satz „Ach, ich mache das ja nur nebenbei. Für xyz ist mein Business zu klein!“ gehört habe. Jedes Mal finde ich es schade, weil es impliziert: Nur große (ab wann auch immer man von „groß“ sprechen kann) Businesses verdienen Aufmerksamkeit. Von potenziellen Kund*innen („Ach, die buchen lieber bei jemandem, der das RICHTIG macht…“) oder von uns selbst („Ach was, Website/Logo/xyz brauche ich nicht, hab ja nur ein Mini-Business!“)
Aber: Irgendwas in dir hat dich bewogen, diese Tätigkeit anzubieten und beruflich (wenn auch nebenberuflich) zu verfolgen. Du wolltest dieser Tätigkeit mehr Raum in deinem Leben geben. Dann verdient es dieses Business auch, dass du dich darum kümmerst. Es verdient, dass du nicht kleiner spielst, als du müsstest und dass du seinen Wert nicht unter den Teppich kehrst.
Was meine ich damit?
- Nur weil du nebenberuflich selbstständig bist, musst du nicht die günstigsten Preise am Markt nehmen. Nein, warum auch? Wenn du gute Arbeit machst, darfst du diese angemessen bepreisen, egal, ob du im Monat einen Kunden oder zehn annehmen kannst.
- Nur weil du nebenberuflich selbstständig bist, heißt das nicht, dass du weniger kompetent bist als andere.
- Nur weil du nebenberuflich selbstständig bist, musst du dich nicht verstecken. Nein! Du darfst genauso mit stolzgeschwellter Brust rausgehen und zeigen, was du draufhast und anderen bieten kannst.
- Nur weil du nebenberuflich selbstständig bist, musst du dir nicht alles alleine beibringen und immer die Notlösung wählen. Nein, auch du darfst in dein Business investieren und es nach und nach professionalisieren.
Dein Business braucht dein Vertrauen in sein Potenzial. Es braucht, dass du ihm zutraust, etwas bewegen zu können, in welchem Rahmen auch immer. Es braucht, dass du dein Business selbstbewusst zeigst, statt nur hinter vorgehaltener Hand darüber zu sprechen. Schließlich hast du dich entschieden, dass du damit etwas bewirken, damit Geld verdienen, damit für dieses Thema stehen möchtest.
Lohnt sich Marketing für ein nebenberufliches Business überhaupt?
Ich höre ganz häufig von nebenberuflich Selbstständigen, dass sie keine Website erstellen, weil sie „ja nur ein ganz kleines Business“ haben.
Dass sie kein Marketing betreiben, weil sie „eh nur ganz wenig Zeit für das Business“ übrighaben.
Dass sie nicht in ihr Business investieren, weil „sich das in dieser Größenordnung nicht rechnet“ und es macht mich jedes Mal traurig, weil sie damit (un-)bewusst den Wert ihrer eigenen Arbeit schmälern.
- Klar ist es okay, gar kein riesengroßes Unternehmen aufbauen zu wollen.
- Es ist okay, auch auf lange Sicht alleine arbeiten und kein Team haben zu wollen.
- Es ist völlig fein, eine bestehende Anstellung beizubehalten und die eigene Selbstständigkeit soll ein Nebenerwerb bleiben
Aber wenn du diesen Mut gefasst und dich selbstständig gemacht hast, dann gönn dir und der Welt doch auch, dass diese mutige Entscheidung Früchte tragen darf – in welcher Größenordnung auch immer. Gönn deinem Business und dir, dass es gesehen wird!
Es gibt so viel Raum zwischen „Ich muss morgen siebenstellige Umsätze einfahren“ und „Ich führe ein erfüllendes Side-Business“ , aber für jede Stufe, die auch nur etwas über „Falls jemand fragt, kann ich evtl. weiterhelfen“ liegt, brauchst du Sichtbarkeit für dein Business.
Wie viel und welches Marketing braucht ein nebenberufliches Business?
Es geht natürlich um Verhältnismäßigkeit. Wenn du mit deinem Business noch keinen einzigen Euro verdient hast und auch keine anderweitig verfügbaren finanziellen Ressourcen hast, die du zu Beginn investieren kannst und möchtest, ist es absolut logisch, dass du erst einmal mit einer vielleicht einfacheren Website startest, als gleich mit der Premium-Deluxe-Variante. Es ist klar, dass du deine Texte selbst schreibst und das nicht komplett auslagerst (Finde ich eh smart diesen Teil selbst zu machen.) Es ist klar, dass du vielleicht eher in einer kleinen Büro-Ecke zu Hause arbeitest, als dir ein großes Büro anzumieten.
Aber deine Prioritäten zu setzen und nach und nach auch in dein Business zu investieren, ergo in Vorleistung zu gehen, ist der Normalfall und absolut sinnvoll.
Einen Apfelbaum pflanzt du auch, bevor er dir den ersten reifen Apfel beschert. Die Zutaten fürs Essen kaufst du auch, bevor deine späteren Restaurantbesucher dafür zahlen. Auch ein nebenberufliches Business braucht deine Vorleistung in einem angemessenen Rahmen und kann nicht von ganz alleine ohne Ressourcen wachsen. Dabei bleibt natürlich immer die Wahl, was du investierst – in der Regel entweder dein Geld oder deine Zeit.
Für mich sind die wesentlichen Schritte, die ich auch nebenberuflich Selbstständigen empfehle:
- ein Angebot für den Start zu haben
- eine Grund-Sichtbarkeit aufzubauen
Ich finde es nicht so wichtig, dass eine Website gleich perfekt ist, sondern entscheidender, dass inhaltlich rüberkommt, was du anbietest. Ich finde es nicht entscheidend, dass du gleich eine fertige Produkttreppe hast, sondern wichtiger mal mit einer Sache zu starten. Ich finde es nicht so wichtig in der ersten Woche einen Newsletter einzurichten, sondern sinnvoller erst einmal zu bloggen, damit überhaupt jemand auf die Website kommt.
Damit kannst du gut loslegen, mit echten Kund*innen arbeiten, Erfahrungen sammeln, dein Angebot optimieren und deine Sichtbarkeit erweitern. Es muss nicht gleich von Tag 1 an von Website über Blog, Newsletter, „Freebie“ bzw. Leadmagnet, Sales-Funnel usw. stehen. Es darf sich nach und nach entwickeln – insbesondere wenn die Ressourcen begrenzt sind.
Lese-Empfehlung: Zuerst Website oder zuerst Blog: Womit solltest du online starten?
Minimal-Marketing für den Start im Side-Business
Ein guter Start ist es natürlich, erst einmal den Menschen in deinem Umfeld von deinem Business zu erzählen. Mundpropaganda und die gute alte Empfehlung sind klasse Möglichkeiten für den Start. Um dem etwas mehr Substanz zu geben, empfehle ich zusätzlich eine erste eigene Website und einen Kanal, der diese Website nach und nach sichtbarer macht, z.B. das eben erwähnte Bloggen. Damit kannst du gut starten und dein Business unterstützen, sein Potenzial zu entfalten.
Was aus meiner Sicht später kommen kann:
- ein Freebie brauchst du nicht unbedingt am Anfang
- auch keinen vollautomatisierten Sales-Funnel,
- auch ein Onlinekurs ist keine Pflicht (nicht einmal später!)
- eine Produkttreppe mit drei bis fünf perfekt ineinandergreifenden Produkten kann ebenfalls deutlich später kommen
Was ich als wesentlich wichtiger empfinde:
- ein (!) gutes Angebot mit einem klar nachvollziehbaren Nutzen, sowie eine Kernaussage für dein Business (enorm zeitsparend auch später!)
- einen einfachen Prozess dieses Angebot/Produkt auszuliefern (das kann, je nach Angebot, auch ganz einfach eine Bestätigung des gebuchten Termins inkl. Infos zum Prozedere per Mail sein)
- eine einfache Website, die den Wert dieses Angebotes kommuniziert à manche starten auch rein auf Instagram, was möglich ist, ich aber nicht auf Dauer empfehle
- einen Kanal, der Menschen auf diese Website führt, z.B. dein Blog, unter Umständen auch Social Media
Und dann fängst du mal an, gewinnst die ersten Kund*innen und arbeitest mit ihnen und siehst mit der Zeit immer besser, was aus deinem Business noch so alles werden kann. Was du auch aus ihm machen möchtest. Wohin du dich entwickelst und wohin es sich entwickelt.
Aber wenn du keinerlei Sichtbarkeit hast und keine Kund*innen gewinnst, dann kann sich das nicht zeigen. Wäre wirklich schade drum.
Also: Nur Mut, auch wenn es „nur“ nebenberuflich ist: Zeig dein Business und mach es sichtbar. Damit du die Chance hast zu sehen, was aus ihm alles werden kann.