Wenn eine Website geplant wird, wird vorab unglaublich viel recherchiert, Zahlen werden erhoben, Märkte analysiert, und, und, und. Warum du bei all diesen Dingen das Wesentliche nicht aus den Augen verlieren solltest und wie du von Mensch zu Mensch schreibst, möchte ich am Beispiel der Pflegetexte erklären.
Inhalt:
Mangelware Klarheit und Empathie in Texten
Ich war einige Jahre als Assistenz der Leitung im Fachbereich Altenhilfe tätig und dort unter anderem für die Website-Texte, Pressemitteilungen, die Redaktion der hauseigenen Zeitschrift und Informationsschreiben an Heimbewohner und Angehörige verantwortlich. Dabei ging es oft um Gesetzesänderungen, um Selbstzahleranteile und Kostenübernahmen, um die Bedeutung eines gesetzlichen Betreuers und die Paragrafen, die diese Angelegenheiten regeln. Insgesamt oftmals trockene und schwere Kost. Wie wichtig es ist, dass wir bei jeder Zeile, die wir veröffentlichen, nicht nur einen Gesetzestext paraphrasieren, sondern den Leser oder die Leserin unseres Textes vor Augen haben, wurde mir spätestens dann klar, als ich auf dem Flur hörte, wie sich Heimbewohner*innen unterhielten. Dass sie in der Zeitung gar nicht verstehen, worum es im Pflegestärkungsgesetz eigentlich geht. Und was es jetzt genau mit dem Wechsel von Pflegestufen auf Pflegegrade auf sich habe. Denn Gesetzestexte sind unglaublich kompliziert. Unfassbar lang. Und unendlich unverständlich. Leider sind es dann die Artikel, die daraus entstehen, oft ebenso. Gerade im Bereich der Pflege betrifft aber jede Zeile am Ende einen Menschen. Jede Änderung im Begutachtungsverfahren und jede Anpassung in den Leistungen der wohnumfeldverbessernden Maßnahmen verändert am Ende ganz konkret den Alltag in einem echten Leben. Klarheit und Empathie sind in Texten also nicht nur eine nette Beigabe, sondern notwendig. Denn nur wer versteht, worum es geht, ist handlungsfähig.
Menschelnde Pflegetexte als Kaufkriterium
Die immer weiter steigende Anzahl an pflegebedürftigen Menschen ist nicht nur ein gesellschaftliches Thema, sondern natürlich auch ein großer Markt. Pflegeeinrichtungen, ambulante Pflegedienste, ergänzende 24-Stunden-Pflege und zahlreiche Angebote im Bereich der medizinischen Versorgung oder Alltagserleichterung mischen in diesem Markt mit. Das ist in Ordnung, aber bringt meiner Meinung nach auch eine Verpflichtung mit sich: die Pflicht, ehrlich und transparent zu informieren. Mein Verständnis von guten Pflegetexten ist es, sich an die Menschen hinter den Zahlen zu richten und sie dort abzuholen, wo sie nach Unterstützung suchen. Texte über Demenz, Inhalte für die Generation 60plus und Ratgeber zu verschiedenen Betreuungsformen sollten vor allem eines sein: menschlich. Gerade das Thema Pflege ist ein Feld der tausend Fragen, der Unsicherheiten und Ängste. Gute Texte zur Pflege sind deshalb nötig und wichtig, denn sie sollen die Menschen mit einem guten Gefühl für die neue und herausfordernde Lebenssituation entlassen. Wer dieses gute Gefühl mithilfe ehrlicher Texte vermitteln kann, erhöht damit auch die eigenen Chancen auf diesem exponentiell wachsenden Markt erfolgreich zu sein. Und das dann auch guten Gewissens sein zu dürfen.
Mit Texten informieren statt verleiten
Die Unsicherheiten, wenn Menschen für die Eltern einen Pflegeplatz suchen, wenn die häusliche Pflege einer Person mit Demenz zu einer zu großen Belastung wird, wenn das eigene Heim nach Jahrzehnten aufgegeben werden muss, weil der Alltag einfach zu schwer zu bewältigen wird – all das sind Themen, die gravierende Einschnitte mit sich bringen. In solchen Situationen möchten Menschen sich verstanden fühlen. Und dies können wir mithilfe der Texte beeinflussen.
Ein Beispiel:
Pflegetexte auf der Homepage einer Pflegeeinrichtung beinhalten oft diese Punkte:
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- Größe des Hauses
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- Schwerpunkte der pflegerischen Versorgung
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- Organisatorische Dinge
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- Kosten- und Leistungsauflistungen
- Zusammenarbeit von Pflege und Betreuung
Dieser Aufbau ist völlig in Ordnung. Doch wie der jeweilige Pflegetext nun formuliert wird, macht einen entscheidenden Unterschied.
So könnte bei den organisatorischen Dingen zum Beispiel stehen:
„Bei Aufnahme ins Haus sind der Personalausweis sowie die Versichertenkarte vorzulegen.“
oder aber
„Im Aufnahmegespräch klären wir alle Dinge, die für Ihren Umzug wichtig sind. Damit dies für Sie schnell und unkompliziert geht, bringen Sie bitte Ihren Personalausweis und die Versichertenkarte mit.“
Der Inhalt ist gleich, doch er kommt ganz anders beim Leser an. Der erste Beispielsatz ist passiv und nüchtern, der zweite persönlich und entgegenkommend.
Die Formulierung signalisiert:
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- Interesse und Wertschätzung
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- Strukturiertes Arbeiten der Verwaltung
- Freundlichkeit und Serviceorientierung
Empathisch schreiben lernen
Der Ton macht die Musik und der Wortlaut eines Textes entscheidet darüber, wie dieser beim Empfänger ankommt. Das gilt für Pflegetexte aber natürlich auch für Texte jenseits dieser Branche. Der Adressat am anderen Ende ist immer ein Mensch. Wenn du dir dies immer wieder ins Bewusstsein rufst, fällt es dir leichter, empathische Formulierungen statt nüchterner Allgemeinplätze zu finden. Dabei helfen einige kleine Kniffe:
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- Schreibe aktiv von Mensch zu Mensch
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- Wähle eine persönliche Ansprache
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- Werde konkret und beziehe dich auf die Situation deines Lesers
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- Beschreibe, was du im Leben deines Lesers veränderst
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- Zeige Verständnis, indem du im Text auf typische Fragen eingehst
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- Kommuniziere auf Augenhöhe und nicht von oben herab
- Vereinfache die Dinge und entwirre komplizierte Schachtelsätze
Ob Pflegetexte, Texte für Familien oder auch B2B-Kommunikation: Entscheider sind immer Menschen. Also trau dich, es auch in deiner Kommunikation menscheln zu lassen, um mit ehrlichen und hilfreichen Inhalten zu überzeugen.