Gastartikel von Lena Wingen · PR Wingen
PR-Leute sind kommunikativ, offen, etwas überdreht und vor allem offensiv. Dieses Bild taucht bei den meisten Menschen unwillkürlich auf, wenn man sich den Prototyp eines PR-Beraters vorstellt. Für introvertierte Menschen sieht so wohl eher ein Albtraum als ein Traumjob aus. Aber was ist mit introvertierten Solopreneuren? PR ist einer der wichtigsten Faktoren für mehr Sichtbarkeit, mehr Aufmerksamkeit, eine konsistente und nachhaltige Imagebildung und damit für jedes Unternehmen unabdingbar. Müssen Introvertierte hier also einfach Abstriche machen? Oder gibt es doch eine Möglichkeit PR zu betreiben ohne in der ersten Reihe stehen zu müssen?
Inhalt:
Was ist PR eigentlich?
Um zu verstehen, ob sich PR sehr gut für Introvertierte eignet, muss man zunächst einmal wissen, was PR ist. PR steht für Public Relations und wird im Deutschen meist mit Öffentlichkeitsarbeit übersetzt. Jedoch trifft es das nicht ganz. PR beschäftigt sich damit, Beziehungen mit der Öffentlichkeit aufzubauen aber auch mit Kunden, Lieferanten, dem Umfeld des Unternehmens und so weiter. Zusammengefasst gesagt: PR baut Beziehungen zu all den Gruppen auf, die für dein Unternehmen wichtig sind. Im Gegensatz zu Marketing ist die PR dabei jedoch nicht werblich. Ein weiterer Unterschied ist, dass eine PR-Strategie immer langfristig angelegt ist. Marketing ist hingegen punktuell.
PR bietet viele Möglichkeiten für Introvertierte
PR bietet viele verschiedene Möglichkeiten nachhaltig und langfristig sichtbar zu werden, eine Marke zu etablieren und durch die richtige Strategie auch Kunden anzuziehen, die zu einem passen. Und auch introvertierte Menschen können PR für sich nutzen. Denn im Gegensatz zu Vertrieblern oder Marketern braucht man für PR kein „Rampensau“-Gen. Im Gegenteil – PR ist dafür gemacht, effektiv im Hintergrund zu wirken.
Man denke nur an die Unternehmerfamilie Albrecht. Ihr Unternehmen –ALDI- kennt jeder. Die Familie, insbesondere die Unternehmensgründer Karl und Theo Albrecht traten so gut wie nie in Erscheinung. Fotografien sind eine wahre Rarität. Selbst bei Wikipedia fehlt ein Bild der Brüder. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass der bekannte Bereich der PR, das Personal Branding, nicht immer der Schlüssel für den Unternehmenserfolg ist. Eine Marke lässt sich auch durch andere Herangehensweise aufbauen.
PR wird nie direkt sichtbar und kann doch viel bewirken. Inwieweit das persönliche Auftreten innerhalb der PR-Strategie notwendig ist, ist eine rein persönliche Entscheidung. Denn tatsächlich ist das für die PR nicht grundsätzlich notwendig. Dennoch sollte man beachten, dass durch persönliches Auftreten das Markenbild stark verändert werden kann. Ebenso gut kann aber auch die Zurückhaltung zum Markenzeichen werden, wenn etwa bestimmte Inhalte oder Produkte im Vordergrund stehen.
Welche PR-Maßnahmen eignen sich am besten für Introvertierte?
PR gliedert sich oberflächlich betrachtet in drei verschiedene Bereiche: analoge PR, Online-PR und Live-PR. Nicht alle eignen sich gleich gut für introvertierte Menschen. Deshalb betrachten wir die verschiedenen Möglichkeiten im Detail:
Analoge PR – erstes Mittel für Introvertierte
Als analoge PR bezeichnet man in der Regel die klassische Pressearbeit. Hierbei ist weniger persönliches Auftreten notwendig als gute Themen und ein ordentlicher Presseverteiler. Interviewanfragen lassen sich telefonisch oder auch rein schriftlich erledigen. Pressearbeit ist also eine der vielen PR-Maßnahmen, die introvertierte Persönlichkeiten ohne Probleme für sich nutzen können. Hervorzuheben ist, dass so auch ohne direkte Interaktion der Aufbau des Expertenstatus gelingt. Und das ganz ohne Seminare oder öffentliche Vorträge.
Auch Online-PR bietet tolle Möglichkeiten
Online-PR ist ein wesentlich umfangreicherer Bereich. Denn hinter dem Begriff verstecken sich sowohl der Aufbau und die Pflege der unternehmerisch genutzten sozialen Netzwerke aber auch die optimale Nutzung einer Website oder eines Corporate Blogs. Wer auch hier nicht in Erscheinung treten möchte, kann auch das tun.
Nicht jedes Format muss genutzt werden. Wer sich vor der Kamera nicht wohlfühlt, sollte sich zu nichts zwingen. Auch dahinter lassen sich interessante und wertvolle Inhalte erstellen. Grundsätzlich sollte man sich immer nur mit den Formaten befassen mit denen man sich wohlfühlt und diese lieber perfekt optimieren und nutzen als sich in ein unpassendes Format zu zwängen. Das geht meistens nach hinten los und zerstört im schlimmsten Fall sogar die Konsistenz des Markenbilds. Die Nutzung von sozialen Netzwerken ist mit der richtigen Auswahl der Formate und deren Inhalte für Introvertierte geeignet. Und bietet einen großen Vorteil, denn hier bekommst Du trotz der Zurückhaltung eine unheimlich große Reichweite und der Aufbau eines Netzwerks gelingt so sehr leicht.
Live-PR: nur für Geübte
Schwieriger dürfte für Introvertierte der Bereich Live-PR sein. Dabei geht es um Veranstaltung und wie man diese publik macht. Aber auch strategisches Netzwerken fällt genauso in diesen Bereich. Persönliche Gespräche und viel Aufmerksamkeit sind kaum vermeidbar. Anders als anzunehmen bleibt Introvertierten diese Art der PR nicht verwehrt, wenn man sich einiger Tricks bedient: Bei Veranstaltungen kann ein professioneller Moderator die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Netzwerken muss nicht immer im großen Rahmen stattfinden, auch kleine Gruppen oder persönliche Gespräche sind ein Mittel für den gewünschten Erfolg.
Bei großen Netzwerk-Veranstaltungen sollte man jedoch auf keinen Fall den Fehler machen und einen Freund oder eine Freundin mitzunehmen. Was meist als Sicherheitsanker gedacht ist, wird beim Netzwerken zum Problem. Denn vielleicht ist die Freundin wesentlich extrovertierter und sticht direkt hervor. Deshalb hatte man sie ja mitgenommen. Aber in solchen Fällen wird sich niemand an dich erinnern. Du wirst im Schatten stehen und dich erst recht unwohl fühlen. Netzwerken wird dann so gut wie unmöglich.
Besser ist es, sich nicht zu stark zu zwingen. Zwänge, wie „Heute spreche ich drei Leute an!“ wirken meist kontraproduktiv, denn das geht zu weit aus der Komfortzone heraus. Alleine zu einer Netzwerk-Veranstaltung zu gehen, entspricht nicht dem eigenen Wohlempfinden. Und das reicht auch erstmal. Lieber langsam rantasten und wenn man einmal da ist, wird man sehen, dass im Raum noch andere sitzen, die sich noch nicht kennen oder gleich auf andere losstürmen. Hier reicht meist ein kurzer Blick, um sich sympathisch zu sein und schon kommt man ins Gespräch. Introvertierten würde ich jedoch erst einmal raten, die anderen zwei Bereich der PR auszunutzen. Nachdem man hier Sicherheit im Umgang gefunden hat, kann sich auch der Schritt in die Live-PR lohnen. Jedoch ist dieser Bereich der PR nicht für jedes Unternehmen interessant.
Insgesamt bietet die PR eine große Bandbreite an Möglichkeiten, die Introvertierten zu Verfügung stehen. Darauf verzichten müssen introvertierte Solopreneure keinesfalls.
Öffentliche Persona entwickeln
Wer trotz seiner Introvertiertheit gerne persönlich in der PR agieren möchte, dem steht die Möglichkeit offen, eine öffentliche Persona zu entwickeln. Dabei legt man sich eine öffentliche Persönlichkeit zu. Im extremen kennt man so etwas bei Stars und Sternchen, die nach außen ein gänzlich anderes Bild von sich erschaffen. Soweit geht eine öffentliche Persona nicht. Denn auch diese soll immer noch authentisch bleiben und zum Bild deines Unternehmens passen. Außerdem sollst du nicht schauspielern, sondern nur ganz bewusst wissen, was du nach außen kommunizieren möchtest.
Eine öffentliche Persona zeigt kein anderes Bild einer Persönlichkeit, sondern legt eher fest, welche Aspekte öffentlich gemacht werden und welche nicht. Denn niemand sollte sich in der Öffentlichkeit unsicher fühlen müssen.
Zwei PR-Tipps für Introvertierte
Tipp 1: Versuche nicht deine Schwächen zu verstecken, sondern nutze diese als Chance deine Marke authentisch zu machen. Es ist dein Unternehmen und du musst dich damit wohlfühlen. Ähnlich wie beim Charakter eines Menschen kannst du durch deine „Schwächen“ dein Image abrunden und ein einzigartiges Markenbild erschaffen.
Tipp 2: Versuche nicht deine Unsicherheiten zu überspielen. Das geht meistens schief, wirkt unnatürlich oder greift sogar deine Reputation an. Im schlimmsten Fall fühlst du dich so unwohl, dass du dich nach der negativen Erfahrung nie wieder ranwagst. Such dir lieber einen Profi, der dir hilft an verschiedenen Bereichen zu arbeiten oder der Aufgaben für dich übernimmt, die nicht mit der Introvertiertheit vereinbar sind.
Die große Vielfalt der PR bietet auch oder sogar besonders introvertierten Menschen die Möglichkeit langfristig und nachhaltig ein Image aufzubauen, das zu einem selber passt, das die passenden Kunden anzieht und das auch ohne Extrovertiertheit Sichtbarkeit und Reichweite schafft – ganz ohne in der ersten Reihe stehen zu müssen.
Über die Autorin Lena Wingen:
Lena Wingen ist selbstständige PR-Beraterin, -Mentorin und Social-Media-Coach. Sie unterstützt Unternehmer dabei, durch PR, langfristig und nachhaltig Erfolge zu erzielen. In ihren individuellen Mentoring-Programmen und Social-Media-Coaching lernen Solopreneure anhand des eigenen Unternehmens PR professionell einzusetzen. Mehr Informationen zur Autorin und ihrer Arbeit gibt es auf der Website https://www.pr-wingen.de.
Vielen Dank für den tollen Text und die wertvollen Tipps! Als Introvertierte Unternehmerin steht man in Sachen Marketing doch manchmal vor großen Herausforderungen. Es ist gut zu wissen, dass man sich nicht verbiegen muss und trotzdem erfolgreich sein kann. Die Authentizität spielt für Introvertierte denke ich eine große Rolle.
Hallo Sara,
danke dir für deinen Kommentar! Ja, es gibt immer Wege; das freut mich als eine, die auch nicht gern in der ersten Reihe stehen möchte, sehr. Dein Lob gebe ich gerne an Lena weiter. 🙂
Liebe Grüße
Sonja
Hallo Sara,
Ja, PR bietet da wirklich großartige Möglichkeiten gegenüber dem Marketing. Vor allem wenn man langfristig und nachhaltig sichtbar sein möchte.
Vielen Dank für deinen lieben Kommentar! Darüber habe ich mich sehr gefreut!
Herzliche Grüße,
Lena Wingen