Können leise Unternehmer*innen überhaupt sichtbar werden, oder muss man schon den Mund aufmachen und das möglichst laut, wenn man gesehen werden will? Die Antwort steckt im Titel, was dieser aber konkret meint, erkläre ich dir in diesem Beitrag.
Inhalt:
Introvertiert= unsichtbar?
In meiner Community kam kürzlich ein Austausch zustande, bei dem es um verschiedene Möglichkeiten der Sichtbarkeit für Selbstständige ging. Und während dieses Austauschs wurde mir bewusst, dass ich die von mir immer wieder erwähnte Sichtbarkeit auf leise Weise nochmal genauer erklären möchte. Denn, was bedeutet das eigentlich? Kann man überhaupt leise sichtbar werden? Oder braucht es die große Bühne, eine Wagenladung Überwindung und möglichst viel Rampenlicht?
Bedeutet:
- introvertiert= unsichtbar und
- extravertiert= sichtbar?
Weil introvertierte Menschen ein anderes Energiemanagement haben als extravertierte, reißen sie sich meist nicht darum, auf Bühnen zu stehen und möglichst viele Vorträge vor möglichst vielen Menschen zu halten. Sie drängen sich nicht ins Rampenlicht und nicht ins Sichtbare, weil es sie deutlich mehr Energie kostet als extravertierte Menschen. Denn Introvertierte laden ihre Akkus auf, wenn sie alleine sind und verlieren Energie, wenn sie mit vielen Menschen interagieren. Wer täglich Speaker ist, ist alles, aber nicht oft alleine. Doch heißt das zugleich, dass introvertierte Menschen schlichtweg damit leben müssen, dann eben nicht sichtbar zu sein?
Was ist Sichtbarkeit auf leise Weise?
Viele leise Menschen wünschen sich einen Weg zu mehr Sichtbarkeit für ihr Unternehmen, der zu ihnen passt. Sie finden zwar ganz ganz viele Strategien, von täglichen Live-Videos über fleißiges Networking bis hin zu den allseits bekannten (und von vielen verhassten) Direkt-Sprachnachrichten auf Facebook oder Instagram. Aber all diese Wege passen eben nicht zu ihnen. Sie wünschen sich:
- Sichtbarkeit, ohne auf allen Kanälen omnipräsent zu sein.
- Sichtbarkeit, ohne wöchentlich Netzwerk-Events zu besuchen.
- Sichtbarkeit, ohne sich zu Marketingmaßnahmen, die sie nicht mögen, zu zwingen.
- Sichtbarkeit, ohne drängend für sich selbst zu werben.
- Sichtbarkeit, ohne Rampenlicht und Bühnenpflicht.
Stattdessen möchten sie eine Sichtbarkeit, die sich für sie gut und richtig anfühlt. Genau das möchte ich unter dem Begriff „Sichtbarkeit auf leise Weise“ bzw. „Sichtbarkeit ohne Marktgeschrei“ sammeln. Und gerne mehr introvertierte, sensible und leise Selbstständige und Unternehmer*innen dazu ermutigen, diese Art der Sichtbarkeit auszuprobieren und sich zu nichts zu zwingen, was nicht ihnen entspricht und sich einfach erzwungen anfühlt. Denn das eigene Unternehmen auf authentische Art und Weise und ohne fieses Bauchgrummeln aufzubauen, ist so viel angenehmer.
Raus, raus, raus aus der Komfortzone!
Trotzdem geben viele Business-Coaches, Trainer*innen und Mentor*innen vor allem einen Tipp: Komm raus aus deiner Komfortzone! Zeig dich! Ist es aber noch Motivation oder schon Überforderung, wenn leise Menschen permanent ins Rampenlicht reingecoacht werden? Wenn der Tipp zur Dauerbeschallung auf allen Kanälen uns überall entgegenschlägt, kann es für sensible Menschen zu viel sein. Die Folge sind Unsicherheit, ob man nicht doch mal dies und jenes tun sollte oder ob man denn so wirklich ernsthaft weiterkommen wird. Meiner Meinung nach, braucht jede*r Selbstständige immer wieder Mut und auch Überwindung, um zu wachsen und zu lernen. Und ja, die Magie passiert meist außerhalb der Komfortzone, wenn wir neue Dinge ausprobieren und uns durchs Tun stetig verbessern. Aber (!) das Verlassen der Komfortzone ist für mich nicht identisch mit dem Betreten einer Bühne und es muss auch nicht im Akkord geschehen. Auch wenn der gesellschaftlich verbreitete Stereotyp eines erfolgreichen Menschen eher Typ Speaker*in als Typ Schreiber*in und eher Typ Rampensau als Typ Gerne-im-Hintergrund ist, wird es nicht wahrer, dass Erfolg möglichst viel Lautstärke braucht. Ich denke, dass wir eine neue Perspektive brauchen, nämlich eine, die Erfolg nicht mit der Anzahl an Bühnenminuten gleichsetzt. Sichtbarkeit hat nichts mit der Lautstärke des Marketings zu tun, sondern mit der Qualität der Inhalte. Es kommt auf die Stärke deiner Message an und nicht auf die LAUTstärke. Denn lauter Bullshit wird eben sowenig geteilt und weiterempfohlen wie leiser Murks. 😉 Hilfreiche und wertvolle Informationen hingehen kommen an – egal, auf welchem Weg sie verbreitet werden.
Als introvertierter Mensch sichtbar werden
Sichtbarkeit auf leise Weise bedeutet also, einen Weg zu finden, als Expert*in und Person sichtbar zu werden, ohne sein eigenes Bedürfnis nach Ruhe und Alleinsein permanent übergehen zu müssen. Sie meint, als leiser Mensch einen achtsamen Umgang mit sich selbst und den eigenen Bedürfnissen zu finden und dennoch an relevanter (!) Reichweite zu gewinnen. Relevante Reichweite deshalb, weil wir nicht jeden auf diesem Erdball erreichen müssen, sondern ausschließlich die richtigen Menschen – die Zielgruppe, den Wunschkunden, die Buyer Persona, whatever. Das ist auch auf leise Art und Weise möglich, geht angesichts der vielen extravertierten und oftmals pushenden Beispiele aber leider manchmal unter; denn manchmal scheint es so, als wäre Marketing zwangsläufig laut, pushend und nervend. Es ist aber so: Je lauter du brüllst, umso mehr Menschen hören dich. Manche werden mögen, was du sagst und manche extrem genervt sein. Das Ergebnis: Du gewinnst einige Kund*innen. Wenn du aber nicht brüllen und dauerbeschallen möchtest, erreichst du diese Kund*innen trotzdem. Nämlich indem du ihnen etwas anbietest, was für sie von Wert ist. Etwas, bei dem sie gerne genauer hinhören, weil sie sich gesehen fühlen. Ein gutes Angebot, das bei der Lösung eines echten Problems hilft, braucht keine große Show, sondern strahlt rein über den Wert für die potenziellen Kund*innen.
Den Wert deiner Arbeit kannst du auf ganz unterschiedliche Art und Weise strahlen lassen. Zum Beispiel so:
Leise sichtbar durch Empfehlungen
Richtig gute Angebote sprechen sich rum. Dafür musst du selbst gar nicht als Marktschreier*in auftreten, sondern kannst einfach deine Kund*innen für dich sprechen lassen. Online funktioniert das beispielsweise ganz hervorragend, indem du Kundenstimmen auf deiner Website zeigst oder deine Kund*innen um eine Bewertung auf Google, Facebook oder in einem anderen Suchsystem wie z.B. einer Expertensuche für deine Branche, bittest. Kein Trommeln, kein Kreischen, sondern schlichtweg mit vertrauensbildenden Testimonials überzeugen, ist gerade für introvertierte Selbstständige ein sehr angenehmer Weg. Ein toller Weg, wenn auch alleine meist nicht ausreichend.
Leise sichtbar durch die Website
Über die eigene Website Kund*innen zu gewinnen und sichtbar zu werden ist so herrlich angenehm, weil du selbst nicht omnipräsent sein musst. Wenn deine Website gute Inhalte hat und Themen, die deine Wunschkunden interessieren, dann arbeitet sie fortlaufend für dich, während du überwiegend im Hintergrund bleiben kannst. Ich bin so dankbar dafür, dass das so gut funktioniert und Menschen von sich aus bei mir anfragen und ich mich nicht zur Kaltakquise zwingen muss. Diese Art der Kontaktaufnahme, wenn also Interessent*innen auf dich zukommen statt umgekehrt, nimmt auch viel Druck raus, im Erstgespräch möglichst gut performen zu müssen. Schließlich wirst du gefragt und hast bereits ein erstes Interesse beim Gegenüber geweckt. Die perfekte Basis für ein angenehmes Gespräch aus Augenhöhe.
Leise sichtbar durch Content Marketing
Ich liebe Content Marketing. Denn ein exzellenter Artikel zu deinem Thema kann dich genauso sichtbar machen wie ein Speaker-Auftritt. Der Bühnen-Auftritt ist auf den ersten Blick zwar vielversprechender, weil du in kurzer Zeit viele Menschen ganz unmittelbar erreichst. Ein hervorragender Artikel, der online gut gefunden wird und auf Seite 1 bei Google steht, bringt dir aber fortlaufend über Jahre hinweg Leser*innen und potenzielle Kund*innen. Und ganz wichtig für leise Selbstständige: Das funktioniert ohne deine Energie zu verschwenden, weil du dich immer wieder auf eine Bühne zwingen musst. Übrigens muss Content Marketing nicht unbedingt heißen, dass du mehrmals wöchentlich bloggst, sondern funktioniert besonders gut, wenn du bei der Contentproduktion auf das Besser-statt-mehr-Prinzip setzt.
Leise sichtbar durch Social Media
Social Media wirkt auf den ersten Blick oft laut und schrill und löst in vielen eher einen Fluchtreflex als Jubelrufe aus. Verstehe ich vollkommen und ist deshalb auch nicht meine erste Wahl. Doch wenn man es nach seinen eigenen Regeln nutzt, kann sich Social Media zumindest als sinnvolle Ergänzung gut für introvertierte Unternehmer*innen eignen. Du musst ja nicht jeden Trend mitmachen, wenn du noch eine gute Grundlage für deine Sichtbarkeit hast, beispielsweise einen Blog. Social media kann, muss aber nicht, dann als Ergänzung hinzukommen. Du kannst also beispielsweise Instagram-Storys machen, wenn dir danach ist und so sichtbar werden, ohne dich durch Menschenmassen auf einem Networking-Event überfordert zu fühlen. Auch hier: Du musst nicht überall präsent sein. Such dir doch deine eine oder zwei Lieblingsplattformen aus und sei auf diesen präsent.
Leise sichtbar durch Klarheit
Eine klare Message schlägt jedes Blabla. Vielleicht kennst du die Vorträge, Meetings oder Webinare, bei denen du eine Stunde zuhörst und am Ende inhaltlich nicht so wirklich viel für dich mitnimmst. Oder Websites, die dich mit ihrem riesigen Angebot erschlagen, weil es so unendlich viel gibt, dass du gar nicht weißt, wo du anfangen sollst. Was hilft? Klarheit! Wenn du eine glasklare Kernaussage hast und sofort ersichtlich ist, wofür du stehst, macht dich das sichtbar. Denn Menschen erfassen schnell, worum es bei dir geht und verbinden dein Thema mit deinem Namen. Der erste und einer der besten Schritte in die Sichtbarkeit.
Leise sichtbar durch die Positionierung
Leise Menschen sind sehr sensibel, was äußere Reize angeht. Da steht angesichts der schier endlosen Infos, die online auf uns einprasseln, das Thema Reizüberflutung ganz weit oben. Was hier hilft und gleichzeitig die eigene Sichtbarkeit unterstützt, ist eine klare Positionierung. Diese muss nicht zwangsläufig nischig sein, sollte aber einen Fokus haben. Du solltest deine Zielgruppe benennen und nicht mit jedem sprechen; das funktioniert auch, wenn du grundsätzlich mehrere Zielgruppen ansprechen möchtest. Wenn du eine klare Positionierung findest und nach außen kommunizierst, erkennen Außenstehende viel besser, wann sie bei dir richtig sind. Und du ersparst dir zudem ständige (anstrengende) Richtigstellungen, wofür du nun stehst und wofür nicht.
Leise sichtbar ohne schlechtes Gewissen
Viele leise Menschen zerdenken viel, zweifeln, überlegen, überlegen nochmal, neigen zum Perfektionismus und oft auch zur starken Selbstkritik (I feel you!). Dabei bringt es gar nichts, uns selbst runterzumachen und uns innerlich dafür zu tadeln, dass wir dies und jenes eben nicht machen. Auch wenn die lauten Stimmen noch so präsent sind: Sei dir bewusst darüber, dass es einen leisen Weg zu mehr Sichtbarkeit für dein Business gibt und gönne dir, diesen leisen Weg zu nehmen, anstatt dich auf dem lauten selbst zu verlieren. Ein schlechtes Gewissen bringt dich kein Stück weiter. Tipp: Sieh dir bewusst deine Stärken an. Schreibe auf, was du besonders gut kannst, was deine Kund*innen an dir schätzen und fokussiere dich darauf, diese Stärken zu stärken.
Wohlfühl-Unternehmen statt Business-Tortur
Wenn du selbstständig oder Freiberufler*in bist oder ein Unternehmen führst, möchtest du das vermutlich nicht nur übergangsweise, sondern lange sein bzw. tun. Deshalb ist es enorm wichtig, dass du einen Weg zur Sichtbarkeit findest, der auch wirklich zu dir passt und dir hilft, dich in deinem Business wohlzufühlen und nicht permanent zu überfordern. Natürlich kann dieser Weg Live-Videos beinhalten und auch Netzwerk-Events, es geht nicht um Schwarz oder Weiß. Sichtbarkeit auf leise Weise ist eine Ergänzung, die dir mehr Freiheit schenken kann und die du ganz oder nur teilweise einsetzen darfst. Oder auch übergangsweise, wenn du dich ans Thema Sichtbarkeit erst einmal herantasten möchtest. Der wichtige Punkt ist, dass du nichts erzwingen musst, was nicht zu dir passt. Werde leise sichtbar oder kombiniere beide Welten miteinander – entscheidend ist, dass du dich langfristig mit deinem Weg identifizieren kannst und dich in deinem eigenen Business gut behandelst.
Wie siehst du das Thema leise Sichtbarkeit? Hast du eine Frage oder eine Erfahrung, die du teilen möchtest? Ich freu mich über deinen Kommentar.
Liebe Sonja,
deine Blogartikel sind wirklich toll – voller hilfreicher Infos, sympatisch geschrieben, und mit deiner leisen Strategie triffst du sowieso genau mein introvertiertes Herz. Ich werde gerne öfter bei dir lesen!
Liebe Grüße
Lena
Hallo Lena,
das freut mich riesig, vielen lieben Dank! Und ja, komm gerne wieder, du bist herzlich willkommen! 🙂
Viele Grüße
Sonja