Alle wollen mehr Kunden, aber nicht unbedingt mehr Sichtbarkeit für sich als Person. Mehr und besser bezahlte Aufträge, aber ohne das ganze Tamtam. Was es bedeutet, eine sichtbare Marke zu haben und warum es so wichtig ist, dass Stolz und Verletzlichkeit dazugehören, erzähle ich in diesem Artikel.
Sichtbar oder lieber doch nicht?
In meiner aktuellen Umfrage zu den Themen Marke, Sichtbarkeit und Texte frage ich meine Community unter anderem: „Wie würdest du dich fühlen, wenn du eine sichtbare Marke hättest?“ Die Antwort einer Teilnehmerin fasste es für mich mit nur zwei Worten perfekt zusammen, denn sie verband diese beiden Begriffe damit:
Stolz & Verletzlichkeit
„Oh ja!“ und dann gleich wieder „Uhh, lieber doch nicht!“, zwei Schritte vor und einen zurück oder das Herz weit aufmachen und dann vielleicht gleich einen üblen Stich kassieren. Aber was tun? Lieber unsichtbar bleiben? Lieber nicht ganz so klar positionieren, sondern beim Bauchladen bleiben? Nicht ganz so viel Persönlichkeit zeigen, sondern lieber nur How-to-Artikel mit den Top-7-Tipps? Nein! Denn dieses Duo klingt zwar ein wenig beängstigend, ist aber im Grunde auch enorm befreiend. Eine sichtbare Marke zu haben, bedeutet tatsächlich beides: Stolz und Verletzlichkeit! Und das ist, um ehrlich zu sein, ein riesengroßes Geschenk.
Das Märchen von der Shiny-Perfect-Sichtbarkeit
Hinter dem Wunsch nach einer sichtbaren Marke steckt meist das Bedürfnis nach Freiheit, auch finanzieller Freiheit. Es wäre doch wirklich schön, wenn die Kunden von selbst zu einem kommen, statt ständig Kaltakquise betreiben zu müssen. Es wäre doch toll, ein Alleinstellungsmerkmal zu haben, mit dem man entsprechende Preise aufrufen kann. Ja, definitiv. Das ist es auch. Und stolz macht es dich auch, wenn du diese sichtbare und gefragte Marke erst einmal aufgebaut hast.
Aber zu dieser Welt gehört eben auch die andere Seite. Die mit der Verletzlichkeit. Denn Unternehmen, und dazu zählen auch Solo-Unternehmen, mit einer gewissen Strahlkraft sind nicht nur shiny-glitzer-regenbogen-like, sondern sie polarisieren. Du kannst die freundlichste Markenkommunikation haben und der allerliebste Mensch auf dieser Erde sein: Sobald du für etwas stehst und das auch klar und deutlich kommunizierst, polarisierst du. Wenn du polarisierst, machst du dich verletzbar. Ganz einfach dadurch, dass du:
- Für manche Dinge stehst und für andere eben nicht
- Deine eigene Meinung und Sichtweise kommunizierst
- Deine Persönlichkeit in deine Marke einbringst
- Bestimmte Angebote machst und andere nicht
- Oft postest, gar nicht postest, ab und zu postest
- Montags ein Video machst statt mittwochs (oder sogar gar keins!)
Manche Menschen werden das gut finden und andere eben nicht. Letztere äußern das manchmal und das tut dann auch mal weh. Damit müssen wir leider irgendwie leben, aber wir dürfen es auch. Denn diese Verletzlichkeit ist nicht nur negativ, sondern lädt uns auch ein uns immer wieder zu vergewissern, wofür WIR stehen, wer WIR sind und was uns selbst am Herzen liegt und so wichtig ist, dass wir es eben trotzdem rausbringen. Auch auf die Gefahr hin, dass es jemanden gibt, der das blöd findet oder die Nachbarn auch mitlesen und sich ihre Meinung bilden. Wenn wir so sehr überzeugt davon sind, dass wir etwas Gutes in die Welt bringen, nehmen wir das in Kauf und machen uns verletzlich. Schön ist es dann trotzdem nicht, wenn negative Kommentare kommen, aber wir wissen, dass es trotzdem Sinn macht uns und unsere Arbeit zu zeigen. (Natürlich können wir außerdem mit der Zeit lernen, besser mit Kritik im Business umzugehen. ;-))
Sichtbarkeit auf deine Weise
Diese Verletzlichkeit geht oft ziemlich konträr mit unserem Bedürfnis nach Schutz oder, gerade bei leisen Menschen, nach Ruhe. Denn wir wollen ja nicht verletzt werden. Wir wollen uns auch nicht unbedingt zeigen. Wir wollen nicht so viel im Außen sein. Das ist natürlich okay! Du darfst deinen ganz eigenen Weg finden, wie du die Vorzüge einer sichtbaren Marke in dein Leben ziehst, ohne dich selbst zu überfordern.
Ich habe in den letzten Jahren viel ausprobiert: klassisches Content Marketing, um als Expertin sichtbar zu werden, Live-Videos und Community-Aktionen, um mich zu zeigen und nahbarer zu sein. Einzelstunden, Vor-Ort-Kunden, Online-Kunden, Angebotspakete, Freebies, 1:1-Zusammenarbeit, Gruppenkurse, viele Posts, wenig Posts, Social-Media-Pausen, zehn Live-Videos in der Woche oder kein einziges in einem halben Jahr. Manches war gut, manches nicht, mit manchem hab ich mich wohlgefühlt, mit anderem überhaupt nicht. Aber heute hab ich den Weg gefunden, der gut zu mir passt und meine Marke sichtbar macht und sichtbar hält. Eine riesengroße Erleichterung, weil es mir die Freiheit schenkt, die ich mir wünsche, ohne den nötigen Schutz und Rückzug aufgeben zu müssen, den ich als leiser und introvertierter Mensch brauche. Aber eben nach wie vor beides beinhaltet: Stolz und Verletzlichkeit.
Was brauchst du für deinen Weg?
Liebe Sonja,
du wurdest mir ‚empfohlen‘ und dein Artikel beschreibt wunderbar, was und wie ich fühle. Es kommt manchmal durchaus ein drittes hinzu: Unsicherheit? Denn es ist für mich alles völlig neu, ich habe Vorstellungen, möchte etwas ‚erreichen‘.
Deshalb ist es schön, bei dir zu lesen, dass es dir ganz ähnlich geht.
Den Fragebogen habe ich vor dem Lesen ausgefüllt 😉
Liebe Grüße
Nicole
Liebe Nicole,
wie schön, dass du hier bist! 🙂 Ja, Unsicherheit gehört für mich auch dazu, es ist ja auch ein Prozess. Und klar, fühlt sich dann alles auch erst einmal wackelig und nicht so ganz sattelfest an.
Danke dir auch dafür, dass du meinen Fragebogen ausgefüllt hast! 🙂
Viele liebe Grüße
Sonja