Bianca Fritz ist Mindful Social Media und Content Coach und hilft Selbstständigen dabei, mit ihrem Content auf Social Media herauszustechen. Und das auf achtsame Weise. Im Interview verrät sie, was sie selbst an Social Media liebt, was sie aber auch richtig nervt und ob und wie es in einer immer schneller und lauter werdenden Welt wirklich gelingen kann, achtsam miteinander zu kommunizieren, ohne am Markt übersehen zu werden.
Liebe Bianca,
du sprichst davon, dass Unternehmer*innen Purpose brauchen und diesen zeigen sollten, wenn sie sichtbar werden wollen. Was genau meinst du mit diesem Purpose und warum ist das so wichtig?
Tatsächlich gehe ich sehr tief, wenn ich von Purpose spreche. Es ist so etwas wie der Lebenssinn, die Lebensaufgabe. Die Antwort auf die Frage, warum du hier bist. Die Klarheit über diesen Purpose hilft dann natürlich nicht nur beim Content-Erstellen, sondern bei so ziemlich jeder Lebensentscheidung. Man kann sich jetzt fragen, ob man fürs Thema Sichtbarkeit wirklich so tief gehen muss. Ich finde JA. Denn Sichtbarkeit wirft so viele essentielle Fragen auf und konfrontiert uns mit so vielen Unsicherheiten und Zweifeln, dass die Motivation wirklich gefühlt werden muss, damit man dranbleibt.
Überspitzt gefragt, kann ich ohne den Wunsch die Welt zu verbessern überhaupt noch erfolgreich Kund*innen gewinnen?
Ja, kannst du. Aber wenn du nicht die Welt verbesserst, wenn du mir keine Lösung präsentierst, die die Welt besser oder zumindest schöner machst – welches Verkaufsargument hast du dann? Dann bleibt eigentlich vor allem der Preis. Und dann entstehen dann so Skandal-Firmen wie „Shein“. Klar kann ich über „immer billiger“ auch verkaufen. Allerdings leidet immer irgendwer unter niedrigen Preisen. Bei Selbständigen oder Einzelunternehmer*innen – du selbst. Bei größeren Unternehmen: die Produzenten oder jemand in der Lieferkette.
Wie können Selbstständige diesen Purpose finden, wenn sie noch nicht sicher sind, was sie im Inneren antreibt?
Um sein Warum zu finden, hilft es in verschiedene Richtungen zu schauen: in die eigene Vergangenheit, die einem zeigt, warum man sich wie entschieden hat und was einen bisher angetrieben hat. In die Zukunft indem man sich fragt, was man gut kann und gerne macht, wovon man mehr und weniger haben möchte. Ein gutes Warum geht aber auch über dich selbst hinaus: Was geht schief in der Welt? Wie kann ich den größten Impact haben, um das zu ändern? Das Warum liegt in der Schnittstelle der Antworten. Ich selbst verbinde die Suche nach dem Warum in meinen Warum-Breakthrough-Sessions (Werbelink zu Biancas Angebot) auf Wunsch auch mit einem Blick in die Human Design Chart. Diese gibt mir Auskunft darüber, was der Person leichtfällt und wo ihre Stärken liegen. Damit fällt es mir leichter das Verb für den Warum-Satz zu finden. Die eigene Rolle innerhalb der großen Aufgabe.
Du selbst unterstützt Selbstständige ja vor allem im Bereich Social Media Sichtbarkeit aufzubauen. Warum ist Social Media für dich so empfehlenswert für Selbstständige?
Die sozialen Netzwerke sind inzwischen so vielfältig, dass jeder und jede dort wirklich die Art von Content produzieren kann, die ihm/ihr liegt. Schreibst du gerne? Sprichst du in die Kamera? Hier kannst du alles ausprobieren und hast sofort ein potentielles Millionenpublikum vor dir. Und dieses antwortet! Das heißt, du kannst ausprobieren, wie welche Botschaften ankommen, du kannst Bedürfnisse deiner Wunschkundin recherchieren und ansprechen. Mit Social Media ist es in meinen Augen einfach geworden, nicht an den Wünschen der Menschen da draußen vorbei zu kreieren – sondern für sie. Und sogar mit ihnen! So kannst du zum Beispiel erst einmal abfragen, was die Herausforderungen deiner Community sind. Dann verkaufst du das Produkt – evtl. sogar tatsächlich direkt über die Privatnachrichten in Social Media, wenn du beginnst – später aber dann natürlich mit einer professionellen Webseite. Und im Idealfall produzierst du erst danach das Produkt/den Kurs – wenn du schon weißt, dass sich die Mühe für dich lohnt. Wie genial ist diese Möglichkeit? Und da beschweren wir uns, dass und Social Media Marketing zu viel Zeit kostet?
Was liebst du persönlich besonders an Social Media? Und gibt es auch etwas, das dich daran nervt?
Ich liebe die kreativen Ausdrucksmöglichkeiten und dass es für jedes Interesse Content gibt. Ich liebe es, dass ich mich mit Menschen auf der ganzen Welt super einfach verbinden und mit ihnen in Kontakt bleiben kann. Ich liebe es, dass Humor eine so große Rolle spielt. Aber natürlich sehe ich auch die Schattenseiten. Wie die sozialen Netzwerke uns beeinflussen können. Indem sie entscheiden, was sie wem zeigen und indem die Algorithmen so programmiert sind, dass wir möglichst viel Zeit auf den Netzwerken verbringen. Und auch die Nutzer*innen selbst nerven mich natürlich manchmal. Wenn sie Kaltakquise-Nachrichten via Privatnachricht schicken zum Beispiel.
Ergänzend zu deinem Instagram-Kanal hast du selbst ja auch einen Blog. Wie kombinierst du diese beiden Kanäle miteinander und welchen Vorteil siehst du darin, beides zu nutzen? Oder könnte aus deiner Sicht eines von beidem nicht auch ausreichen?
Ich muss sagen, dass ich relativ selten blogge. Ich blogge dann, wenn ich das Gefühl habe, ich möchte ein Thema wirklich vertiefen und künftig auch für dieses Thema zu stehen. Das heißt auch für dieses Thema gefunden werden – in der Suchmaschine. Eigentlich ist das schade – denn ich liebe das Schreiben und nur was auf der Webseite steht, ist auch so wirklich meines. Zugleich empfinde ich das Posten auf Social Media einfach als so viel spielerischer und experimenteller. Und vor allem gibt es sofort ein Feedback – wohingegen Kommentare auf Blogartikel doch eher selten sind. Ich habe auf Social Media eher das Gefühl, dass wir den Content gemeinsam kreieren – und er nicht nur in meinem Kopf entsteht. Wenn ich Blogartikel schreibe, gehe ich sie anschließend noch einmal durch, suche die Essenz und besondere Stellen und diese teile ich dann auf Social Media und in meinem Newsletter, um auf den Blogartikel hinzuweisen. Dabei hilft mir mein journalistischer Blick natürlich sehr beim finden der Nuggets und Kernaussagen.
Nun ist es online spätestens seit Corona extrem voll geworden und bisweilen sehr laut. Wie kann es uns in dieser Umgebung gelingen achtsam miteinander zu kommunizieren und uns nicht nur anzubrüllen? Können wir die Menschen in dieser Umgebung überhaupt noch achtsam erreichen?
Ich glaube sogar: Je lauter es wird, umso wichtiger ist die achtsame Kommunikation. „Mein Programm ist das Beste“ zu brüllen, kann jeder. Wirklich bewusst zu wählen, was man kommuniziert und die Menschen, die man erreichen möchte gut kennen zu lernen – das hingegen ist Arbeit. Und dein Gegenüber spürt an deinen Worten und an deiner Klarheit, ob du dir diese Arbeit gemacht hast. Wenn ja, dann fühlen sie sich gemeint.
Ich glaube: Je lauter es wird, umso wichtiger ist die achtsame Kommunikation! (Bianca Fritz)
Viele meiner Kund*innen bezeichnen sich selbst als nicht so kameraaffin und finden deshalb keinen so rechten Zugang zu Instagram & Co. Sind Videos heute Pflicht bei Social Media oder kann ich auch mit klassischen Posts, ohne mein Gesicht dauernd zu zeigen oder in die Kamera zu sprechen, noch etwas erreichen?
Es kann verdammt viel funktionieren auf Social Media. Ich folge beispielsweise einem Account, auf dem fast nur schwarzer Text auf weißen Bildern veröffentlicht wird. Aber die Inhalte der Coach sind so gut, dass mir die Gestaltung völlig egal ist. Aber ich möchte deinen Kund*innen gerne eine Gegenfrage stellen: Was brauchst du als potentielle Kundin, um etwas zu kaufen? Wie baust du Vertrauen auf? Gerade wenn jemand Coach, Beraterin, Trainer oder Expertin ist, aber sich NIE zeigt – wie will ich dann ein Gefühl für diese Person gewinnen? Man kann sich an Sichtbarkeit auch langsam herantasten. Erst einmal ein Foto von der Seite. Erst einmal nur in die Story sprechen. Und vielleicht lassen wir uns zu Beginn von jemandem filmen, den wir mögen, anstatt gleich alleine live gehen zu wollen. Aber ich muss sagen, ich bin da auch voreingenommen: Es ist mir so ein großes Anliegen, dass Menschen, die wunderbare Dinge in die Welt bringen auch sichtbar werden. Nur so können wir die Gesellschaft verändern. Natürlich jeder und jede im eigenen Tempo.
Gibt es aus deiner Sicht Themen, die sich besser und solche, die sich weniger gut eignen, um über Social Media Sichtbarkeit aufzubauen? Wenn ja, welche?
Jein. Natürlich wächst man schneller, wenn man ein Thema hat, das jeden angeht. Das erklärt den Erfolg der scheinbar unendlich vielen Food-Blogs. Wir müssen eben alle essen und können nicht genug Inspirationen dafür bekommen. Und dann gibt es Themen, die Menschen zwar lesen wollen, wo sie sich aber nicht trauen zu kommentieren – das ist natürlich schlecht für die Interaktionsrate und man wächst langsamer. Das sind oft die Tabuthemen wie Sexualität, Trauer, psychische Krankheiten … Zugleich sind es oft gerade diese Themen, zu denen Menschen Orientierung im Internet suchen. Also ist es doch umso wichtiger, hier sichtbar zu werden – auch wenn man vielleicht keine Millionen-Followerschaft aufbauen wird.
Wenn unsere Leser*innen nun total motiviert sind loszulegen, bisher noch gar nichts in puncto Sichtbarkeit über Social Media aufbauen gemacht haben oder vielleicht länger raus sind, was ist dein Tipp, um zu starten? Welchen Post sollte man erstellen? Oder vielleicht besser gleich ein Reel?
Na, ganz einfach: Stell dich vor. Das würdest du ja bei einem Gespräch auch tun. Und wähle dafür eine Form, die dir Spaß macht. Vielleicht hast du ein tolles Bild von dir auf dem du dich magst. Vielleicht magst du auch mit Canva einen Karussellpost basteln, auf dem du erzählst, wer du bist und was du tust, weil du gerne mit Farben und Grafiken spielst. Oder eben du nimmst einen der zahlreichen Reel-Töne um dich vorzustellen. Das geht durchaus auch mit Humor. Zum Beispiel mit dem Reels-Ton „Du hast ja einen voll schönen Namen – danke, den habe ich zum Geburtstag bekommen.“
Vielen Dank für das Interview, Bianca!
Mehr über Bianca und ihre Arbeit findest du auf ihrer Website biancafritz.com (dort findest du auch eine Leseprobe ihres Buches) oder auf ihrem Instagram-Kanal @hashtagbiancafritz. Schau doch gerne mal bei ihr vorbei!