Manche Begrifflichkeiten im Marketing sind aus meiner Sicht weder zeitgemäß, noch angebracht sondern geringschätzend und verletzend. Was ich an manchen Formulierungen der „Marketing-Sprache“ problematisch finde und welche wertschätzenderen Alternativen wir nutzen könnten, erzähle ich dir hier bzw. lade dich ein aktiv mitzuwirken! Los geht’s!
Inhalt:
- 1 Marketing-Sprache, die objektiviert oder verletzt
- 2 Alternative, wertschätzendere Marketingformulierungen
- 2.1 Statt zu sagen „Kalte Kontakte aufheizen“
- 2.2 Statt zu sagen „Frischfleisch in den Funnel kriegen“
- 2.3 Statt zu sagen „Kunden einfangen“
- 2.4 Statt zu sagen „Jemanden am Haken haben“
- 2.5 Statt zu sagen „die Qualität der Kontakte ist miserabel“
- 2.6 Statt zu sagen „Kunden angeln“/ „der Köder muss dem Fisch schmecken“/ „auf Kundenfang gehen“
- 2.7 Statt zu sagen „Kunden melken“,
- 3 Du & Marketing-Sprech
Marketing-Sprache, die objektiviert oder verletzt
Wenn ich mich mit einem im Marketing einfach nicht anfreunden kann, dann sind es manche Formulierungen.
Da wird davon gesprochen, wie viele „kalte Kontakte“ man „aufheizen“ konnte.
Wie wir an neues „Frischfleisch“ kommen für unseren Funnel und wie man noch mehr „auf die Pain Points“ drücken kann.
Selbst wenn das Prozedere dahinter – dass man z.B. beim Wechsel vom kalten zum warmen Kontakt noch neuen Kontakten die Möglichkeit gibt uns kennenzulernen, Vertrauen zu uns aufzubauen und das Interesse an unserer Arbeit dadurch zu erhöhen – objektiv betrachtet sinnvoll ist, bleibt die Wortwahl aus meiner Sicht objektivierend bis verletzend.
Und ja, in meiner Welt spielt es eine Rolle, wie wir die Dinge benennen, denn durch die Wahl unserer Worte entstehen unweigerlich Bilder. Oder siehst du das Gleiche vor dir, wenn ich davon spreche „neue Menschen in meine Welt einzuladen“ vs. „Frischfleisch in meinen Funnel zu kriegen“?
Ich vermute mal, nein.
Und dennoch meinen wir rein auf die Sache bezogen ein und dasselbe.
Was wir sagen beeinflusst, was wir denken. Was wir WIRKLICH denken.
Manchmal befürchte ich, dass solche Bezeichnungen dazu führen, dass im Marketing ein wesentlicher Faktor vergessen wird: der Faktor Mensch. Die Tatsache, dass wir nicht nur mit messbaren Handlungsausführungen zu tun haben, sondern hinter jeder ein einzigartiger Mensch steht.
Dass es menschliche Gründe haben kann, wenn jemand „nicht schnell genug konvertiert“.
Dass alles gut mit uns ist, auch wenn „das Frischfleisch“ sich in schwierigen Zeiten anders verhält und mehr Zeit braucht, um sich zu entscheiden.
Und ja, auch wenn wir nun sagen, dass das Worte der allgemeinen Verständlichkeit halber sind – einfach übliche Marketingsprache – und wir abgesehen davon natürlich wertschätzend sind und unseren Kund*innen helfen wollen, ist es vielleicht trotzdem oder gerade deswegen an der Zeit sie weiterzuentwickeln. Denn Wertschätzung beginnt nicht erst bei der Zusammenarbeit, sondern aus meiner Sicht bereits im Marketing.
Alternative, wertschätzendere Marketingformulierungen
Natürlich hilft es wenig, wenn nun jeder seine eigenen, aber für andere komplett unverständliche Begriffe einführt. Aber vielleicht können wir ja gemeinsam daran arbeiten, eine wertschätzendere und trotzdem verständliche Kommunikation im Marketing zu etablieren? Lass uns doch mal gemeinsam sammeln (Pack deine Vorschläge einfach unten in die Kommentare!)
Statt zu sagen „Kalte Kontakte aufheizen“
könnten wir ja auch davon sprechen „eine Beziehung zu Interessent*innen aufzubauen“ oder „uns besser kennenzulernen“.
Statt zu sagen „Frischfleisch in den Funnel kriegen“
könnten wir ja auch sagen, dass wir „Menschen in unsere Welt einladen“ oder „neue Kontakte aufbauen“.
Statt zu sagen „Kunden einfangen“
könnten wir auch davon sprechen „Kunden zu gewinnen“ oder „neue Zusammenarbeiten zu starten“.
Statt zu sagen „Jemanden am Haken haben“
könnten wir auch sagen, dass wir „mit Interessent*innen sprechen“ oder „vielversprechende Erstgespräche führen“.
Statt zu sagen „die Qualität der Kontakte ist miserabel“
könnten wir auch davon sprechen, dass wir „den Prozess für die Kund*innen noch besser gestalten sollten, damit sie sich bei uns richtig aufgehoben fühlen“ oder dass wir „an der Kommunikation feilen dürfen, damit wir die Menschen erreichen, die wir wirklich ansprechen wollen“.
Statt zu sagen „Kunden angeln“/ „der Köder muss dem Fisch schmecken“/ „auf Kundenfang gehen“
könnten wir auch kommunizieren, „Kunden da abzuholen, wo sie stehen“, oder „In der Sprache des Kunden kommunizieren“ – „Kundenempathie entwickeln“ oder anderes. (Ein Dank für die wunderbare Ergänzung an Monika Birkner)
Statt zu sagen „Kunden melken“,
könnten wir weg vom reinen Cashcow-Fokus hin zu einem menschlicheren Ansatz. Was könnten unsere Kund*innen noch gebrauchen, weil es ihnen wirklich weiterhilft? Wie könnten wir „Kunden länger begleiten“?
Du & Marketing-Sprech
Wie geht es dir mit solchen Begriffen? Gibt es einen, der dir besonders missfällt? Einen, den du versuchst zu vermeiden? Oder sind sie für dich soweit okay? Lass mich gerne in den Kommentaren wissen, wie du das Thema siehst (und pack gerne weitere Begriffe dazu, für die wir dringend Alternativen brauchen, falls du welche kennst.)
Ehrlich gesagt bin ich schockiert dass über die von Dir aufgelisteten Ausdrücke. Ich verwende keinen einzigen davon. Ich kann nur jeder raten: „Wörter haben Macht. Daher wähle Deine Wörter mit Bedacht. “
Wenn ich mit Kunden ein wertschätzendes Miteinander möchte, muss ich andere Sätze wählen.
Ich spreche von Kundenbeziehung aufbauen, Nachfassen, Wunschkunden anziehen.
Herzliche Grüße
Sylvia
Hallo Sylvia,
es freut mich sehr, dass du mit solchen Begriffen noch nicht in Kontakt bekommen bist! Sie werden sicherlich mehr intern als extern, also im Austausch mit Kolleg*innen, anderen Selbstständigen, in Marketing- und Verkaufstrainings etc. verwendet, als direkt die Kund*innen damit zu konfrontieren, dass man „sie einfangen will“. Das ändert aber ja nichts an dem, was du sagst und ich total unterschreibe: Worte haben Macht. Egal, wo wir sie aussprechen.
Auf ein wertschätzendes Miteinander!
Viele Grüße
Sonja
Liebe Sonja,
ich stimme Dir total zu, dass es eine Frage der Wertschätzung ist, generell solche Ausdrücke nicht zu verwenden! Ich hänge manchmal schon bei viel „sanfteren“ Wendungen, z.B. dem Wort „Kundenbindung“: Will ich meine Kunden wirklich „an mich binden“? Vielleicht eher „Treue-Maßnahmen“ oder so?
Ich bin gespannt, was Du mit der Community hier noch alles für Begriffe sammelst! Schöne Idee jedenfalls, und ein Statement sowieso, dafür mag ich Dein Wirken ja auch so.
Viele Grüße
Evelyn
Hallo Evelyn,
danke dir für deinen Kommentar! Spannend, dass du beim Begriff der Kundenbindung hängst; so empfindet wohl jeder die Grenze an etwas unterschiedlicher Stelle. Für mich persönlich ist die „Kundenbindung“ nicht problematisch bzw. setze ich die etwa gleich mit den „Treue-Maßnahmen“. Aber es ist total interessant, sich mal Gedanken über die Worte und ihre tiefere Bedeutung zu machen, oder? 😀
Herzliche Grüße zu dir
Sonja
Liebe Sonja,
dein Artikel spricht mir aus der Seele. Unsere Wortwahl gestaltet die Realität. Mehr Wertschätzung im Marketing ist wirklich wichtig. Daher begrüße ich deine Initiative.
Eine der Formulierungen, die mir immer wieder negativ auffällt: „Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.“
„Kunden angeln“ passt dann auch dazu. Oder „auf Kundenfang gehen“.
Stattdessen können wir denken (und sagen): „Kunden da abholen, wo sie stehen“ – „In der Sprache des Kunden kommunizieren“ – „Kundenempathie entwickeln“ oder anderes.
Hallo Monika,
wie schön, dass du hier vorbeischaust! Danke für deine tolle Ergänzung, die nehme ich sehr gerne auf, wenn ich den Artikel überarbeite. Das „Abholen“ empfinde ich auch als sehr angenehm, da kommt der Service-Charakter so schön raus. 🙂
Viele liebe Grüße
Sonja