Kann ich meinen Flyertext auch für die Website verwenden? Kann ich den Fachartikel aus dem Kundenmagazin auch online nutzen? Ja, das geht, macht aber wenig Sinn. Warum, erkläre ich in diesem Artikel.
Inhalt:
Der Traum vom Allround-Text
Wie schön wäre es, wenn auf allen Kanälen überzeugender Content stünde, du sowohl eine aussagekräftige Broschüre als auch eine informative Website und dazu zahlreiche E-Books hättest? Klingt nach einem absoluten Content-Traum, schließlich wissen ja alle längst, wie wichtig gute Texte sind. Das muss der Himmel sein: einen Text für alles nehmen, also auf ganzer Linie punkten und dabei minimalen Aufwand haben. Leider ziehen am Content-Himmel aber dunkle Wolken auf, denn ganz so einfach ist es leider nicht. Leider gibt es keinen Text, der für jeden Kanal gleichzeitig optimal passt! Wenn du also bereits eine Broschüre hast und nun Online-Texte schreiben willst, musst du wohl oder übel noch mal ran. Es sei denn, du gibst dich mit einer Notlösung zufrieden, das wäre dann eher so wolkig trüb statt heiter und sonnig. Mehr ist es nicht, wenn du einen Printtext 1:1 in den Onlinebereich überträgst. Selbst wenn deine Texterin dir also die ausschließlichen Nutzungs- und Zweitverwertungsrechte einräumt, bleibt das Online-Print-Content-Kontinuum ein fragiles Luftschloss. Warum das so ist, liegt an diesen Dingen:
Langsam vs. schnell
Nehmen wir als Beispiel einen Fachartikel in einem Magazin. Bereits wenn du das Heft durchblätterst, befindest du dich in einem völlig anderen Modus als die User*innen, die flott durchs Web klicken. Du hast Zeit, vielleicht eine Tasse Kaffee auf dem Tisch und dir vorgenommen, jetzt in Ruhe den Artikel zu sichten. Im Web funktioniert das ganz anders, denn da werden
- Informationen schneller benötigt
- und auch schneller gefordert.
Das Bild von einem verträumt surfenden Menschen, der sich alle Zeit der Welt lässt, die Suchergebnisse zu betrachten und abwägt, welches er nun anklickt, ist zwar wirklich verführerisch, entspricht aber einfach nicht der Realität. Diese Tatsache hat auch Auswirkungen auf deine Texte. Wenn du Online-Texte schreiben möchtest, solltest du dies berücksichtigen. Das bedeutet nicht, dass du nach 300 Wörtern rigoros kappen und jegliche weitere Information verschweigen musst. Aber du solltest online anders formulieren:
- präziser
- und schneller auf den Punkt.
Packe in jeden Satz eine Aussage und forme nicht wie bei manchem Printtext einen majestätisch aufbauenden Spannungsbogen.
Beständig vs. aktuell
Für diesen Vergleich eignet sich der Klassiker des Printtextes besonders gut: das Buch. Wer zur Fachliteratur greift, sucht meist eine zuverlässige, beständige und belastbare Quelle. Das liefern Printtexte in diesem Format auch sehr gut, doch die Krux dabei: Printtexte sind nicht veränderbar. Einmal gedruckt, stehen die Informationen fest. In manchen Themengebieten ist das problematisch. Wenn sich Dinge schnell verändern, beispielsweise in der Digitalisierung, sind Informationen oftmals bereits veraltet, wenn sie aus der Druckerei kommen. Es kommt also immer darauf an, wonach deine Leser*innen suchen. Wer News sucht, tut dies verstärkt online, weil dieses Medium einfach deutlich schneller ist.
Das Portal Statista belegt dies sehr deutlich. Bei einer Erhebung zum getätigten Nachrichtenkonsum der letzten Woche gaben 96 % der Befragten an, diese online konsumiert zu haben. Lediglich 31 % griffen auf ein Printprodukt zurück. Was heißt das nun also, wenn du Online-Texte schreiben willst? Dass Zeit ein wichtiger Faktor ist! Natürlich solltest du trotzdem sorgfältig recherchieren, aber dich eben auf das Wesentliche beschränken, um die Nachricht dann ins Netz zu bringen, wenn sie aktuell ist. Sollten sich Dinge ändern, kannst du diese beim Webtext nachträglich ergänzen – im Printbereich bliebe hier nur eine kostspielige Neuauflage.
Lang vs. kurz
Um eins vorwegzunehmen: Bandwurmsätze werden nirgendwo geschätzt. Trotzdem sind Formulierungen im Printbereich noch einmal ein ganzes Stück länger als solche, die du in Online-Texte schreiben würdest. Leser*innen haben online deutlich weniger Geduld. Wenn du sie mit langen Sätzen beeindrucken willst, erreichst du meist eher das Gegenteil. Der nächste Text ist nur einen Klick entfernt, da reißt der Geduldsfaden schon spürbar schneller als beim Printprodukt. Wenn du Online-Texte schreiben möchtest, solltest du kurze Sätze wählen. Klar sind Nebensätze erlaubt und wichtig, aber mehrfach verschachtelte Satzlabyrinthe sind dann doch eher kontraproduktiv.
Informationsfläche vs. Informations-Spotlight
Studien wie die frühe Untersuchung von Jacob Nielsen bestätigen es schon lange: Webleser*innen scannen Texte, sie lesen sie nicht Wort für Wort. Vielmehr springen sie zwischen Absätzen hin und her und suchen nach Informations-Spotlights. Was bedeutet das für unsere Online-Texte? Ganz einfach: Kaum jemand käme im Printbereich auf die Idee, eine Information mitten im Text hervorzuheben, indem er sie fettet oder größer druckt. Genau das ist aber sehr sinnvoll, wenn es darum geht, ansprechende Online-Texte zu schreiben. Das Lesen am PC oder Smartphone strengt schneller an, deshalb erleichtern
- Zwischenüberschriften
- Hervorhebungen, z. B. Fettungen
- Bilder & Videos
- Sprungmarker
- Auflistungen
das scannende Lesen ungemein und sind klare Merkmale guter Webtexte. Wenn du nun also den TOP-Artikel deines letzten Jahresberichts 1:1 ins Netz stellst, droht dieser völlig unter Wert zu verpuffen. Kaum jemand wird sich die Mühe machen, aus einer großen Textwüste den vielleicht wirklich tollen Inhalt herauszufiltern. Gute Online-Texte schreibst du also, wenn du die Informationen in kleine Spotlights packst und strukturiert aufbereitest. Das wirkt am Anfang befremdlich, weil der nächste Absatz gefühlt viel zu früh kommt, ist aber das Geheimnis erfolgreicher Webtexte.
Relevanz haben vs. Relevanz beweisen
Die wenigsten Menschen steuern direkt deine Website als Anlaufstelle gegen ihren Wissensdurst an. Du stehst online also in direkter Konkurrenz zu sehr vielen Mitbewerbern, die ebenfalls angeben, diejenigen zu sein, die die Lösung liefern können. Klar, das ist im Printbereich ähnlich, das Vorgehen ist aber ein anderes. Wer sich online als Expert*in zeigen möchte, kommt nicht an den Suchmaschinen vorbei. Diese fungieren als Mittelsmann zwischen den Bedürfnissen der User*innen und deinem Angebot. Damit Google, Bing & Co. aber deine Seite als relevant und besonders nützlich bewerten, musst du erst einmal Relevanz beweisen. Wer Online-Texte schreiben möchte, die gefunden werden sollen, kommt daher nicht um entsprechende Keywords mitsamt semantisch verwandter Wörter herum. Ein Bereich, der bei Printtexten völlig irrelevant ist. Zwar werden auch Bücher unter bestimmten Schlagworten gelistet, online ticken die Uhren aber aber deutlich schneller und der Platz an der Spitze des Google-Rankings ist stark umkämpft. Weitere Tipps zum Schreiben für Mensch und Maschine, findest du hier.
Statement vs. Call-to-Action
So ein solider Printtext dient meist vor allem der reinen Information. Flyer informieren über das Angebot und Fachartikel über festgelegte Themen. Der Verkauf funktioniert hier ganz anders als online. Während die klassische Print-Broschüre vertrauensbildend wirkt und deine Marke positioniert, sind Online-Texte deutlich stärker aufs Verkaufen getrimmt. Innerhalb des Content Marketings zählt natürlich die hochwertige Information – auf die gesamte Website übertragen wirst du aber kaum eine erfolgreiche Seite ohne konkrete Handlungsaufforderung finden. Lediglich die Kontaktdaten anzugeben reicht hier nicht aus. Weil die User*innen im Web so schnell wieder weg sind, gilt es sie zügig zu überzeugen. Proaktive Formulierungen sind hier deutlich wichtiger als im Printbereich. Entlasse deine User*innen niemals in die Weiten des Webs, ohne ihnen unmissverständlich aufgezeigt zu haben:
- was du anbietest
- und wie die User*innen an dein Angebot kommen.
Biete schnelle Kontaktmöglichkeiten, beispielsweise ein Kontaktformular statt der reinen Nennung der Mail-Adresse oder einen Sofortkauf statt der Möglichkeit einmal anzufragen, ob das Produkt gerade auf Lager ist. Wie du überzeugende Call-to-Actions für deine Website schreibst, erkläre ich hier.
Vergleich Print- vs. Online-Texte schreiben
Im Direktvergleich können beide Textarten punkten, jede hat aber andere Stärken. Hier noch einmal die kompakte Gegenüberstellung:
Online | ||
Sätze | eher lang | eher kurz |
Absätze | 300 Wörter+ | 150-250 Wörter |
Hervorhebungen | reduziert | häufig |
Lesefluss | Wort für Wort | scannend |
Leserführung | linear | navigierend |
Aktualität | beständig | sehr aktuell |
Tiefe | ausführlich | kompakt |
Abschluss | Statement | Handlungsaufforderung |
Jedes Medium verdient seinen Text
Texte für verschiedene Verwendungszwecke nutzen ist möglich, aber nicht sinnvoll. Weder die Ansprache noch der Aufbau der Argumentation, geschweige denn das Ziel des Textes, werden überall gleich gut funktionieren. Was möglich ist, ist bestehende Texte umzuschreiben. Wenn der Inhalt eines Flyers top ist, musst du natürlich nicht das Rad neu erfinden. Die grundsätzlichen Inhalte darfst du natürlich übernehmen, solltest aber die Tonalität und Textlänge anpassen. Am Ende gilt, dass weder Printtext noch Online-Text besser oder schlechter sind. Sie sind schlichtweg anders und sollten deshalb auch anders aufgebaut werden.
Wie gehst du mit deinen Printtexten um? Überträgst du sie ins Web oder passt du sie an?